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Ein erster Fahrplan zur Umsetzung steht

17.09.2024
Die Volksschulleitung will ihre Vision in die Schulen tragen. Im Vordergrund steht neben der Weiterentwicklung der integrativen Schule die Entlastung der Lehrpersonen und Eltern von administrativen Prozessen, eine stufenübergreifende Laufbahnoptimierung sowie das Prüfen alternativer Formen des Beurteilens und Bewertens.
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Mit ihrer Vision wollen die Volksschulen einen Beitrag zur positiven Entwicklung unserer Gesellschaft leisten. Foto: Titelblatt Broschüre

«Es bringt nichts, wenn die Volksschulleitung im stillen Kämmerlein eine Vision entwickelt, was wir verbessern wollen, die Betroffenen aber davon nichts mitbekommen und ihre Bedürfnisse nicht einbringen können.» So begründet Volksschulleiter Urs Bucher sein aktuelles Bestreben, die Schwerpunkte und die Stossrichtung dessen, was man sich unter dem Obertitel «Vision Volksschulen Basel-Stadt» für die nächsten Jahren vorgenommen hat, in die Breite, sprich an die Basis an den Schulen zu tragen. Dies soll unter anderem via einen Flyer geschehen, in dem die fünf Kernsätze der Vision der Volksschulen Basel-Stadt vorgestellt werden.

Dringliches und weniger Dringliches

Seit diese Kernsätze entwickelt und in der Schulblattnummer I/24 einem breiteren Adressatenkreis vorgestellt worden sind, hat sich einiges getan: Mittlerweile gibt es einen konkreten Fahrplan, wie bis 2030 zu den gemeinsam mit den Schulleitungen und weiteren Stakeholdern ausgearbeiteten Fokusthemen schrittweise Massnahmen umgesetzt werden sollen.

In den internen Diskussionen hat sich rasch gezeigt, dass nicht alle Fokusthemen im gleichen Tempo angegangen werden können. Die Weiterentwicklung der integrativen Schule ist aufgrund der «Förderklasseninitiative» schon weit fortgeschritten - die Pläne zur Umsetzung haben deshalb hier bereits konkrete Züge angenommen. Andere Themenbereiche, wie beispielsweise die Schulentwicklung im Rahmen der Teilautonomie, wurden hingegen als weniger prioritär angesehen. Auch die – grundsätzlich als wichtig und wünschbar eingestufte - Entwicklung neuer Arbeitszeitmodelle für das ganze Schulpersonal ist sehr komplex und betrifft nicht nur die Volksschulen, sondern auch den Bereich Mittelschulen und Berufsbildung, sodass hier nicht kurzfristig mit konkreten Anpassungen zu rechnen ist.

Vereinfachung administrativer Prozesse

So schnell wie möglich annehmen wollen sich Urs Bucher und sein Team hingegen dem Ruf nach einer Vereinfachung der administrativen Prozesse und der Vorgaben zur pädagogischen Dokumentation. Bei diesem immer wieder monierten Anliegen geht es darum, den Aufwand nicht nur für die «Kunden», sprich die Erziehungsberechtigten, sondern auch für das Schulpersonal auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Um herauszufinden, wo der Schuh drückt und wo administrative Vereinfachungen möglich sind, sollen die Schulen demnächst Gelegenheit erhalten, ihre Anliegen und Verbesserungsvorschläge bei der Volksschulleitung zu deponieren. Auf Basis dieser Rückmeldungen soll dann im nächsten Jahr ein Konzept zur Entlastung von Schulen und Eltern erarbeitet werden.

Ebenfalls weit oben auf der Prioritätenliste steht das Einleiten konkreter Verbesserungsmassnahmen in zwei weiteren Bereichen, die schon seit Langem über die Schulen hinaus zu reden geben. Zum einen ist dies die sogenannte «Laufbahnoptimierung im integrativen Bildungsmodell» (kurz LiB), ein Projekt, das zusammen mit dem Bereich Mittelschulen und Berufsbildung lanciert wird. Ebenfalls in diesem Kontext wird speziell der Frage nachgegangen, wie das heutige System des Beurteilens und Bewertens chancengerechter gestaltet werden könnte. Hinter dem Kürzel LiB steckt ein ganzes Paket von Massnahmen, die grob gesagt dazu beitragen sollen, dass jedes Kind die Schullaufbahn durchläuft, die am besten zu seinen Eignungen und Neigungen passt. Diese Einzelmassnahmen zielen darauf ab, unpassende Weichenstellungen zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass die Abschlussquote auf der Sekundarstufe II deutlich erhöht werden kann. Mit 85 Prozent der 25-Jährigen, die einen Lehr- oder Mittelschulabschluss machen, liegt Basel-Stadt aktuell deutlich unter der nationalen Zielvorgabe von 95 Prozent und auch im interkantonalen Vergleich besteht hier Aufholbedarf.

In diesem Zusammenhang wird auch geprüft, ob das heutige System des Beurteilens und Bewertens zu den gewünschten Effekten führt, sprich der Zuweisung der Kinder und Jugendlichen zu der Laufbahn, die individuell am besten passt. Was für Alternativen es hier gäbe, wird gegenwärtig in einem Vorprojekt abgeklärt. Auf der Sekundarschulstufe werden gegenwärtig Vorschläge entwickelt, die zu einer Optimierung des heutigen Systems mit den drei Leistungszügen beitragen könnten.

Gestaltet werden und selbst gestalten

Über all diese Massnahmen hat die Volksschulleitung den programmatischen Titel «Integration, Innovation, Inspiration: Unsere Schulen gestalten» gesetzt. Damit wollen wir, so Urs Bucher, markieren, «dass die Schulen in diesen Prozess sowohl als Objekt als auch als Subjekt involviert sind. Die Schulen werden durch die Bedürfnisse, die von der Gesellschaft an und in sie herangetragen werden, umgestaltet. Doch haben sie auch die Möglichkeit, auf Basis der drei I, den angestrebten Aufbruch in eine neue Zeit selbst aktiv zu gestalten.»

«Wir glauben an die Stärke von standortgetriebenen Initiativen»

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An Workshops haben Urs Bucher und sein Leitungsteam der Volksschulen die Schwerpunkte entwickelt, auf die in den nächsten fünf bis acht Jahren ein besonderes Augenmerk gerichtet wird. Foto: Grischa Schwank

Strukturell unterscheiden sich die Basler Schulen heute nach zahlreichen Reformen (Stichworte Einführung von teilautonomen Schulen mit eigener Leitung, Schulharmonisierung, Implementierung Lehrplan 21) nicht mehr grundlegend von denen der meisten anderen Kantone. Doch wie sind sie inhaltlich aufgestellt? Und wo wollen sie hin?

Um diese Frage zu beantworten, hat die Volksschulleitung vor gut zwei Jahren damit begonnen, eine umfassende Vision zu entwickeln, wohin die Reise mittelfristig gehen soll. An einer Schulleitungskonferenz im Frühjahr 2024 hat Urs Bucher die acht Fokusthemen vorgestellt. Die folgenden Auszüge aus seinem damaligen Einführungsreferat geben einen Eindruck, wie er die Situation und die Perspektiven nach mittlerweile vier Jahren im Amt einschätzt:     

«Ich bin tief in meinem Innern davon überzeugt, dass die Schule, so wie wir sie heute leben und erleben, einiger fundamentaler Erneuerungen bedarf. In einer Zeit des stetigen und immer schneller werdenden Wandels und der wachsenden Vielfalt ist es von entscheidender Bedeutung, dass unsere Schulen nicht nur Schritt halten, sondern aktiv vorangehen. Wir von der Leitung der Volksschulen Basel-Stadt sind davon überzeugt, dass ganzheitliche Bildung die Grundlage für eine gerechtere und erfolgreichere Gesellschaft bildet.

Dazu streben wir eine Weiterentwicklung der integrativen Schule an, in der jede Schülerin und jeder Schüler die bestmögliche Unterstützung erhält, um ihr/sein volles Potenzial zu entfalten. Dazu gehören individuelle Förderung, integrative und beziehungsgestaltende Bildungsansätze, Freiraum sowie die Schaffung eines hoch engagierten, unterstützenden Umfelds, das die Vielfalt feiert und jede Stimme schätzt.

Im Rahmen der Teilautonomie setzen wir auf Schulentwicklung, die auf den heterogenen Bedürfnissen unserer Gesellschaft basiert und Schulen ein eigenes Profil erlauben wird. Wir glauben an die Stärke von standortgetriebenen Initiativen, an Schulentwicklung, die sich bottom-up entwickelt, um die Qualität unserer Bildungsangebote zu verbessern und sie an die sich verändernden Anforderungen anzupassen.

Die konstruktive und Potenzial schöpfende Laufbahnentwicklung unserer Schülerinnen und Schüler steht im Mittelpunkt unseres pädagogischen Handelns. Wir wollen sie nicht nur auf ein erfolgreiches Berufsleben vorbereiten, sondern auch dazu ermutigen, sich persönlich weiterzuentwickeln und lebenslang zu lernen.

Schule verstehen wir als einen ganzjährigen Lern- und Lebensraum; damit meinen wir nicht nur den zu kurz gefassten Begriff der Schule als Ort des Unterrichtens, sondern als Ort, wo Schülerinnen und Schüler sich wohl fühlen und neben dem curricularen Lernen im Unterricht auch ausserhalb des Unterrichts Gemeinschaftsgefühl, spielerisches Lernen und soziales Miteinander hautnah erleben. Ein Lern- und Lebensraum, der wahrscheinlich auch neue Arbeitszeitmodelle für unsere Mitarbeitenden erfordert: Wir setzen uns für Zeitstrukturen ein, die es unseren Mitarbeitenden ermöglichen sollen, innovativ zu unterrichten, mit Engagement zu betreuen und somit individuell auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Wir sind überzeugt: Lernen beginnt und endet nicht mit dem Schulgong, sondern begleitet uns den ganzen Tag und ein Leben lang.

Mit unserer Vision ‹Integration, Innovation, Inspiration: Unsere Schulen gestalten› wollen wir die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler gestalten und einen Beitrag zur positiven Entwicklung unserer Gesellschaft leisten. Gemeinsam schaffen wir eine Schule, die allen Kindern und Jugendlichen gute Startchancen bietet und sie dazu inspiriert, ihre Träume zu verwirklichen. Ihr alle seid mit dabei, seid ein wichtiger Teil, wenn wir diese Zukunft gestalten.»

Peter Wittwer

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