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«Für das Miteinander brauchen wir den persönlichen Austausch»

31.03.2025
Mit «Mustafa Atici hört zu» hat der Departementsvorsteher eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen: Mehrmals pro Jahr wird er in einer Schule mit Schülerinnen, Schülern und Eltern ins Gespräch kommen. Begonnen hat er im Zentrum für Brückenangebote (ZBA).
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Mustafa Atici zu Besuch in der Aula des ZBA Clara.

Basler Schulblatt: Was ist «Mustafa Atici hört zu»?

Mustafa Atici: Wie mit den Lehr- und Fachpersonen sowie den Schul- und Tagesstrukturleitungen möchte ich auch mit Eltern, Schülerinnen und Schülern im Austausch sein. Wie geht es ihnen? Was beschäftigt sie? Welche Ziele und Anliegen haben sie? Rund dreimal pro Jahr werde ich an Schulen mit Kindern, Jugendlichen und Eltern das Gespräch suchen. In diesem Austausch erhalte ich Einblicke in die Sicht der Schülerinnen, Schüler und Eltern. Umgekehrt können auch sie etwas mitnehmen. Ein Beispiel: Im ZBA hat ein Schüler von seinen vielen Bewerbungen erzählt, auf die er lauter Absagen erhält. Wir haben diskutiert, ob er seine Bewerbungsstrategie etwas verändern könnte. So entstehen auch neue Ideen. Denn gemeinsam sind wir noch klüger und kreativer.

Was nehmen Sie mit von der Begegnung mit den 20 jungen Menschen, die beim Gespräch im Clara-Schulhaus des Zentrums für Brückenangebote (ZBA) dabei waren?

Ich habe gelernt, wie heterogen das ZBA ist: Die Schule unterrichtet nicht nur Jugendliche, die aus der Volksschule kommen, sondern auch junge Menschen, die erst seit Kurzem in der Schweiz leben. Die Schülerinnen und Schüler des ZBA habe ich als sehr motiviert erlebt. Sie waren interessiert und offen für die Unterstützung, die sie an der Schule erhalten. Die jungen Menschen haben konkrete Vorstellungen von ihrer Zukunft, und sie können einschätzen, woran sie für den Übertritt in die Berufsbildung noch arbeiten müssen. Solche Einblicke sind wichtig für meine Arbeit. Denn meine Entscheidungen sollen in der Praxis funktionieren und etwas bewirken.

Die Jugendlichen des ZBA bereiten sich auf die Berufsbildung vor – eines Ihrer Herzensanliegen.

Ich will, dass alle jungen Menschen die Chance erhalten, ihr Potenzial möglichst auszuschöpfen, und zwar unabhängig von ihrer Ausgangslage. Und ich will, dass sich Basel-Stadt am nationalen Ziel – 95 Prozent der 25-Jährigen verfügen über einen Abschluss auf Sekundarstufe II – orientiert, und die Kinder und Jugendlichen die dafür nötige Begleitung und Unterstützung erhalten – wie das zum Beispiel im ZBA geschieht.

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«Mustafa Atici hört zu» bildet einen Rahmen für einen engagierten Austausch.

Mehr junge Menschen mit Abschluss auf Sekundarstufe II: Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Berufsbildung ist eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam meistern können: Wir brauchen dazu auch Schule, Eltern, Wirtschaft und die Schülerinnen und Schüler. Sie alle wollen wir im Rahmen unseres sogenannten «Masterplans Berufsbildung» aktiv involvieren. Denn alle haben ihre Aufgaben. Die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel brauchen auch Unterstützung der Eltern. Die Eltern wiederum müssen wissen, dass eine Berufslehre gute Karrieremöglichkeiten bietet – auch für Schülerinnen und Schüler mit guten und sehr guten schulischen Leistungen.

Welche Rolle nehmen hier die Lehr- und Fachpersonen ein?

Die Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen können die Kinder und deren Eltern für die Berufslehre sensibilisieren und begeistern. Auch das ist Teil unseres Masterplans Berufsbildung. Dazu gehört beispielsweise eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Schulen und Lehrbetrieben: Schulklassen besuchen Firmen, Berufsleute besuchen Schulen. Es ist mir ein grosses Anliegen, schon Primarschulkinder an die Berufsbildung heranzuführen und deren Eltern zu vermitteln, sich gemeinsam mit ihren Kindern mit der beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen.

Wie setzen Sie die neue Strategie im Bereich Berufsbildung – den Masterplan Berufsbildung – um?

An den Sekundarschulen De Wette und Drei Linden zum Beispiel haben wir in diesem Schuljahr ein Pilotprojekt mit niederschwelligen Kooperationen mit Lehrbetrieben aufgegleist. Dazu gehören neue Formate für die Elterninformation wie Elterncafés in Betrieben. Auch Besuche in Lehrbetrieben von Lehrpersonen, die Berufliche Orientierung unterrichten, und Besuche von Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft in Schulen – sogenanntes Job Shadowing – sind Teil des Projekts. Wir möchten die Berufsbildung aber auch in Gesellschaft und Medien noch sichtbarer machen.

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Der formelle Teil ist vorbei, das Gespräch geht weiter.

Zurück zur Reihe «Mustafa Atici hört zu»: Sie möchten auch mit Eltern ins Gespräch kommen. Weshalb?

Sie müssen wissen: Schule kann nicht alles abdecken – auch die Mütter und Väter haben wichtige Aufgaben, sie müssen ihre Kinder von Anfang an unterstützen. Ausserdem müssen Eltern wissen: Eine Berufslehre kann ihrem Kind eine erfolgreiche berufliche Karriere eröffnen. Umgekehrt formuliert: Um erfolgreich zu sein, brauchen die jungen Menschen keinen Uniabschluss. Und schliesslich möchte ich, dass auch Eltern, die nicht hier zur Schule gegangen sind, unser Bildungssystem kennen und damit vertraut sind.

Sie besuchen auch regelmässig Schulen aller Stufen. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Die Mitarbeitenden an den Schulen und ich sind alle für dieselben Ziele unterwegs. Ich hoffe, dass sie das spüren, wenn wir uns austauschen. Für das Miteinander und für das Finden eines gemeinsamen Nenners brauchen wir den persönlichen Austausch.

Was nehmen Sie aus Ihren bisherigen Besuchen mit?

Ich erlebe, wie ein Kollegium funktioniert, wie die Schulleitenden es führen und wie sie und die Lehr- und Fachpersonen mit den so unterschiedlichen Schülerinnen und Schülern arbeiten. Ich erfahre, was die Mitarbeitenden der Tagesstrukturen den Kindern alles bieten. Ich lerne den Charakter einer Schule kennen und erhalte Einblicke in ihre Projekte. Schulen sind so kreativ unterwegs! Ich wünschte mir noch mehr Best-Practice-Austausch zwischen den Schulen: Was in einer Schule gut funktioniert, könnte auch an anderen Standorten funktionieren. Auch das fliesst in meine Arbeit und in meine Gespräche mit den Verantwortlichen in den Bereichen mit ein.

Interview: Valérie Rhein, Fotos: Maren Stotz

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