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Gejagt, ausgebeutet oder gar göttlich verehrt

15.02.2022
Die einen hätscheln sie und wollen ihnen menschliche Grundrechte gewähren. Andere nutzen sie gnadenlos aus und haben sie eher zum Fressen gern: Vier Basler Museen haben sich zusammengetan, um in Sonderausstellungen die ambivalente Beziehung zwischen Mensch und Tier zu ergründen – und bieten für alle Schulstufen attraktive Angebote an.
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Den Bogen ganz weit zurück in die Vergangenheit spannt bei der Ausstellungsreihe «tierisch!» das Antikenmuseum: In speziellen Vitrinen (vorne links) wird dort das zwiespältige Verhältnis von uns Menschen zu Tieren kindergerecht aufgearbeitet.

Tier und Museum – da kommt einem gerade im schulischen Kontext natürlich spontan das Naturhistorische Museum in den Sinn, das auf der Hitliste der ausserschulischen Exkursionen in Basel schon lange ganz oben steht. Dass das Thema Tier auch bei Museen, die sich sonst ganz anderen Themen widmen, einiges hergibt, beweist das Ausstellungsprojekt «tierisch!». Für Schulen aller Stufen hat diese Kooperation des Antikenmuseums, des Museums der Kulturen, des Pharmaziemuseums und des Historischen Museums einiges zu bieten. Prähistorische Höhlenzeichnungen mit Jagdszenen belegen, dass uns Menschen das Verhältnis zum Tier seit Urzeiten stark beschäftigt hat.  Die vier Ausstellungen führen eindrücklich vor Augen, wie dieses Verhältnis in allen Epochen und allen Kulturen von Widersprüchen und Ambivalenzen geprägt war. Tiere wurden gnadenlos gejagt, als Nutztiere ausgebeutet und im wahrsten Sinn des Wortes bis aufs Blut ausgeschlachtet. Umgekehrt wurden die gleichen Kreaturen zum treusten Freund des Menschen herangezüchtet oder oft sogar zu Göttern erhoben.  

Keine Kultur ohne Tiere

«Keine Kultur ohne Tiere» ist deshalb auch der Teil des Ausstellungsprojekts im Museum der Kulturen überschrieben, der sich der Geschichte, aber auch aktuellen Ausprägungen unseres eigenartig gespaltenen Verhältnisses zu Tieren widmet. Drastisch auf den Punkt gebracht wird dies beispielsweise durch die Gegenüberstellung einer grossformatigen Fotografie eines Metzgers, der zwei Schweine trägt, und einer Galerie von Dutzenden Postkarten, auf denen süsse Katzenmotive abgebildet sind. Auch sonst warten die Ausstellung und der Schulworkshop, den das Museum dazu anbietet, mit spannenden Objekten auf. Ausser einer göttlichen Kuh begegnen die Schulklassen beispielsweise einem Glücksschwein oder einer staubsaugenden Katze, die den Umgang von uns Menschen mit Haus- und Nutztieren treffend und witzig auf die Schippe nimmt. Und Schulklassen höherer Schulstufen bietet die Ausstellung einige Anknüpfungspunkte,  um alternative Formen des Umgangs mit Tieren in anderen Kulturen kennenzulernen.

Tiere und Mischwesen in der Antike

Den Bogen ganz weit zurück spannt das Antikenmuseum mit einer Ausstellung, in deren Zentrum die zahlreichen Mischwesen stehen, die die Phantasie vieler Hochkulturen von den alten Ägyptern bis zu den Griechen beflügelt haben. In der Ausstellung lernt man nicht nur monströsen Kreaturen wie Kentauren, Sirenen oder Greifen, sondern auch Helden kennen, die auf ihren Abenteuerreisen diese Symbole für eine fremde, gefährliche und chaotische Welt besiegt haben. Dabei werden auch interessante Bezüge zu der Fantasiewelt hergestellt, wie sie Kinder und Jugendliche aus Fantasyfilmen und in Basel beispielsweise auch vom Vogel Gryff her kennen.

Tanzende Bären und trompetende Elefanten

Einen ganz anderen Zugang zum Thema Tier und Mensch vermittelt das Historische Museum, das sich mit dem Musikmuseum dieser Museumskooperation angeschlossen hat. Im Zentrum stehen hier die vielfältigen Verbindungen zwischen Tieren und Musik: Sind Tiere musikalisch? Singen Wale und Vögel? Und woher kommt die Lust des Menschen, Tiere wie Bären oder trompetende Elefanten tanzen und musizieren zu lassen? Auf einem Rundgang durch die Sonderausstellung im Lohnhof bekommt man auf solche Fragen Antworten. Nicht nur für Kinder dürfte es überraschend sein, wie im Instrumentenbau seit jeher tierische Materialien zum Einsatz kommen – beispielsweise in Naturfelltrommeln oder Elfenbeintastaturen und Walbarte in Klavieren. 

Vom Tier zum Wirkstoff

Abgerundet wird der tierische Museumsreigen mit einer Ausstellung im Pharmaziemuseum zur langen Geschichte von Heil- und angeblichen Wundermitteln, die seit der Antike aus tierischen Rohstoffen gewonnen werden. Seit Menschengedenken wurden und werden beispielsweise Horn, Haut, Exkremente oder Innereien verschiedener Tiere zur Heilung menschlicher Gebrechen eingesetzt. Unter dem Titel «Vom Tier zum Wirkstoff» liefert einem die Ausstellung medizinische Erklärungen zur Wirkungsweise tierischer Drogen. Thematisiert werden auch ökonomische Hintergründe dieser Art von tierischer Ausbeutung. Beispielsweise wie der Umstand, dass ohne grosse Mengen von Schlachtabfällen der Aufbau einer industriellen Hormonherstellung, beispielsweise von Cortison, kaum möglich gewesen wäre.

Ein Thema, vier Museen, viele Angebote für Schulen

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Vier Basler Museen haben sich für das Ausstellungsprojekt «tierisch!» miteinander vernetzt. Und alle thematisieren das Verhältnis von Mensch und Tier etwas anders. So unterschiedlich die Zugänge zum Leitmotiv, so verschieden sind auch die Angebote, die von der Abteilung Bildung und Vermittlung der vier Häuser für Schulen konzipiert worden sind. Die Bandbreite reicht dabei von stufenspezifisch abgestimmten Führungen durch die Ausstellung «Vom Tier zum Wirkstoff» im Pharmaziemuseum bis hin zu Workshops, in denen nach einem Ausstellungs-Rundgang beispielsweise ein Lieblingstier aus Ton modelliert oder ein tierisches Armband gebastelt werden kann.

Die Schulangebote greifen die Botschaften der Ausstellungen kindgerecht auf. Jedes Museum hat eigene Zugänge zur Tierthematik erarbeitet. Via die speziell für das Ausstellungsprojekt geschaffene Internet-Plattform www.tierischbasel.ch sei dieses Mal aber auch auf museumspädagogischer Ebene eine Vernetzung entstanden, die man unbedingt weiter vertiefen möchte, sagt Annegret Schneider vom Antikenmuseum. Zusammen mit Efi Rompoti (Historisches Museum), Sabine Rotach (Museum der Kulturen) und Corinne Eichenberger (Pharmaziemuseum) hat sie die schulischen Begleitprogramme für die Ausstellungen zusammengestellt. Sie alle laufen noch mindestens bis zum Juni.

Spezielle Stationen für Kinder

Bei einigen Museen sind dieses Mal die etwas anderen Bedürfnisse der jugendlichen Besucher sogar schon bei der Auswahl der Ausstellungsgegenstände miteinbezogen worden. Im Antikenmuseum etwa wurden erstmals vier spezielle Vitrinen für Kinder eingerichtet, in der kleine Tierobjekte aus der Antike ausgestellt und altersgerecht erklärt werden. Auch im Museum der Kulturen können Kinder an Extra-Stationen verweilen und dürfen dort beispielsweise wählen, was für Tiere sie sein möchten. Auf einem Rundgang dürfen sie zudem auch Katzenpostkarten schreiben oder mit Tieren lachen, die uns Menschen reinlegen.

Auch im Musikmuseum im Lohnhof können sich Kinder und Jugendliche auf eine für sie konzipierte Entdeckungsreise durch die Ausstellung machen. Unter dem Titel «Es trötet, zischt und tiriliert – hört ihr, wer da musiziert?» lernen sie dabei Instrumente kennen, die wie Tiere aussehen oder klingen. Und im Antikenmuseum, um ein letztes Beispiel aus der Vielzahl von Angeboten herauszugreifen, können Kinder – geführt vom geheimnisvollen Hirsch Mahan und mit einem illustrierten Faltplan in der Hand – in die Welt der Chimären, Kentauren und anderen gruseligen Mischwesen der Antike eintauchen. 

Ein Überblick über die zahlreichen Angebote für Schulen im Rahmen des Ausstellungsprojekts «tierisch!» ist via www.edubs.ch/kultur auf den Websites der beteiligten Museen zu finden.

 

Eine kleine Auswahl von spannenden Objekten aus den vier Ausstellungen

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