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«Rollenwechsel habe ich schon einige vollzogen»

17.09.2024
Der Weg auf den Chefbeamten-Sessel im ED war bei Patrick Langloh (59) alles andere als gradlinig: Bevor er vor neun Monaten die Nachfolge von Ueli Maier als Vorsteher des Bereichs Mittelschulen und Berufsbildung antrat, war er in vielen unterschiedlichen (Berufs-)Welten unterwegs- und entschied sich relativ spät für eine pädagogische Laufbahn.

Seit Anfang Jahr leitet Patrick Langloh den Bereich Mittelschulen und Berufsbildung. Im Gespräch mit dem Schulblatt blickt er zurück auf seinen Start als Bereichsleiter, aber auch nach vorne auf das, was auf ihn im Endspurt seiner Berufskarriere wartet.

Intensiv, herausfordernd, bereichernd: Diese drei Adjektive bekommt man zu hören, wenn man Patrick Langloh fragt, wie er den Wechsel von der Spitze einer weiterführenden Schule zum Bereichsleiter im ED erlebt hat: «Für mich war in den letzten Monaten einiges anders als erwartet – als ich mich beworben habe, war beispielsweise noch nicht absehbar, dass wenig nach mir auch ein neuer Vorsteher im ED anfangen wird. Da ich auf einen tollen Stab zählen kann und sehr viele Leute sowohl in den Schulen als auch in der Wirtschaft bereits kannte, ist mir der Rollenwechsel aber nicht sehr schwergefallen.»

Am meisten vermisse er in seinem neuen Amt den direkten Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern und dem Kollegium, mit dem er vorher täglich zu tun gehabt habe. Keine grossen Probleme bereitet ihm hingegen, dass er nun auf einmal der Vorgesetzte seiner Rektorenkolleginnen und -kollegen ist. Solche Rollenwechsel habe er in seinem Leben schon mehrfach vollziehen müssen: In der aktuellen Situation spüre er eine grosse Akzeptanz, «denn sie alle wissen ja und spüren, dass ich das Tagesgeschäft an den Basler Schulen selber erlebt habe und kenne». 

Dennoch gibt es natürlich durch den Wechsel an die Leimenstrasse neue Herausforderungen, zu denen Patrick Langloh im Folgenden Stellung bezieht:

Basler Schulblatt: Was für inhaltliche Akzente konnten Sie seit dem Amtsantritt bereits setzen?

Patrick Langloh: Mehr beansprucht als erwartet hat mich der Budgetprozess – die Mittel, die wir für unsere Schulen brauchen, bekommt man auch in einem Kanton wie unserem nicht einfach so. Inhaltlich steht bei mir aber natürlich die Förderung der Berufsbildung ganz oben. Zusammen mit den Volksschulen arbeiten wir im Rahmen des Projekts «Laufbahnoptimierung im integrativen Bildungsmodell» (kurz LiB) daran, dass künftig möglichst alle den Weg einschlagen, der zu ihren Fähigkeiten und Interessen passt und ihnen eine Perspektive gibt. Mit der Wirtschaft sind wir hier daran, Pilotprojekte aufzugleisen, um beispielsweise dafür zu sorgen, dass Ausbildungsbetriebe und Schule einander besser kennen.

Wo sehen Sie da in diesem breiten Spektrum die grössten Herausforderungen?

Wir dürfen es einfach nicht tatenlos hinnehmen, dass in Basel-Stadt die Quote derer, die keinen Abschluss auf der Sekundarstufe II haben, derart hoch ist. Die Arbeitsbedingungen in den Betrieben können wir nicht direkt beeinflussen, doch es muss uns gelingen, besser aufzuzeigen, welche guten Perspektiven auch ein Berufsabschluss bietet. Da braucht es mehr Verständnis von allen Seiten. Wir müssen mit den Jugendlichen arbeiten, die uns anvertraut sind. Sie sind vielleicht etwas anders als früher und brauchen teilweise etwas mehr Betreuung, doch dem müssen wir uns alle stellen.

Sie haben zuletzt sowohl eine Berufsschule als auch ein Gymnasium geleitet. Inwiefern sind auch letztere von dem starken Fokus, den Sie auf die Förderung der Berufsbildung legen, betroffen?

Auch an den Gymnasien gilt es, den Schülerinnen und Schülern die Kompetenzen zu vermitteln, damit sie ihre künftige Laufbahn mitgestalten können. Wir sind auch daran, die gymnasiale Matur weiterzuentwickeln. Das heutige Maturitätsanerkennungsreglement MAR stammt aus dem Jahr 1995. Die Welt hat sich seither stark verändert – man denke nur an den Siegeszug des Handys. Dass wir eine Reform der Gymnasien brauchen, ist für mich darum unbestritten. Unsere Unterrichts- und Prüfungskultur befindet sich seit längerem in einem Umbruch, was für uns alle eine grosse Herausforderung darstellt. Ganz wesentlich scheint mir, dass wir an den Gymnasien an dem heutigen Klassensystem mit Präsenzunterricht festhalten. Weil das für das soziale Lernen unentbehrlich ist, haben wir deshalb auch im Kampf gegen den Absentismus ein klares Zeichen gesetzt, dass uns der Schulbesuch wichtig ist.

Die Volksschulen arbeiten gegenwärtig an einer Vision. Was ist Ihre Vision – wo stehen die Berufsbildung und die Mittelschulen, wenn Sie einmal in Pension gehen?

Auf die Gefahr hin, mich mit klar messbaren Zielvorgaben zum Fenster hinauszulehnen, möchte ich klar sagen: Mein Ziel ist es, dass wir in den nächsten Jahren vom Ende des kantonalen Rankings bei der Sekundarstufe II-Abschlussquote wegkommen. Dass 15 Prozent nach der obligatorischen Schulzeit keinen weiteren Abschluss machen, ist für eine Gesellschaft wie unsere, die keine Rohstoffe ausser der Bildung ihrer Mitglieder hat, verheerend. Nicht nur für unseren Kanton wird die angestrebte Quote von 95 Prozent mittelfristig nicht realistisch sein. Doch wir müssen alles tun, dass es uns bis zum Ende meiner Amtszeit besser gelingt, möglichst alle Jugendlichen auf den richtigen Bildungsweg zu leiten und dadurch eine messbare Steigerung hinzubekommen.

Wer ist Patrick Langloh?

Bild Legende:
«Wir müssen mit den Jugendlichen arbeiten, die uns anvertraut sind.» Patrick Langloh im Hof des Gymnasiums Kirschgarten. Foto Grischa Schwank

Den meisten Basler Lehrpersonen dürfte Patrick Langloh als langjähriger Rektor des Wirtschaftsgymnasiums und der Wirtschaftsmittelschule ein Begriff sein. Nur wenige dürften aber wissen, dass er als Sohn einer Schweizer Mutter und eines deutschen Vaters erst im Alter von 16 Jahren nach Basel gekommen ist. Zuvor hat er zunächst fünf Jahre in den USA und nach einem Abstecher nach Tunesien bis 1981 in München gelebt.

Am ehemaligen Gymnasium am Kohlenberg hat er dann drei Jahre später eine Matur Typus B gemacht. Weil er damals fest überzeugt war, auf gar keinen Fall Lehrer werden zu wollen, hat er nach der Matur nicht – seinen Interessen folgend – Deutsch, Geschichte oder Mathematik, sondern Wirtschaftswissenschaften studiert. Während und nach diesem Studium, das er 1990 mit dem Lizenziat abschloss, hat er dann unter anderem auf einer Bank, als Wirtschaftsjournalist und bis 1995 als Assistent in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung der Universität Basel gearbeitet.

Erst als 30-Jähriger beschloss Patrick Langloh, der damals schon eine Familie zu ernähren hatte, doch noch voll in den Lehrerberuf einzusteigen. Er absolvierte ein Nachdiplomstudium in Wirtschaftspädagogik und begann am KV Reinach zu unterrichten. Bereits 1997 stieg er, nicht zuletzt wegen seines Know-hows bei der Einführung des New Public Management an der Schule, zum Konrektor und vier Jahre später zum Rektor der Baselbieter Berufsschule auf. Der Rest ist bekannt: 2008 wurde er nach Basel an die Spitze des WG und der WMS gewählt und nun ist der mittlerweile 59-Jährige ganz oben im Bereich Mittelschulen und Berufsbildung angekommen. 

Als Ausgleich zu seinen beruflichen Verpflichtungen engagiert sich Patrick Langloh unter anderem im Kirchenvorstand der Münstergemeinde und im Verein «Together for Uganda», der im afrikanischen Land eine Schule für die Ärmsten der Armen betreibt, die er mindestens einmal im Jahr besucht. Einen grossen Beitrag an eine ausgewogene Work-Life-Balance liefert ihm neben vielem Lesen (querbeet von Krimis über Romane bis hin zu Büchern zu theologischen Fragestellungen) seine Familie. Er ist als Vater von vier mittlerweile erwachsenen Kindern bereits Grossvater und zu Hause hält ihn auch ein Labradoodle in Bewegung, der auf den Namen Franklin hört.

Peter Witttwer

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