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«Wir haben viele Schnittstellen mit den Schulen»

03.07.2024
Sarah Thönen leitet den Bereich «Jugend, Familie und Sport» (JFS) des Erziehungsdepartements Basel-Stadt. Im Interview erzählt sie von der strategischen Ausrichtung von Schulheimen, der Harmonisierung von Tagesbetreuung und Tagesstrukturen und wieso sie das Thema Raum beschäftigt.
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Sarah Thönen ist seit April 2021 Leiterin des Bereichs «Jugend, Familie und Sport» des Kantons Basel-Stadt. Foto: Grischa Schwank

Basler Schulblatt: Sarah Thönen, Sie leiten den Bereich Jugend, Familie und Sport (JFS). Gibt es thematische Berührungspunkte zwischen Lehr- und Fachpersonen und Ihrer Arbeit?

Sarah Thönen: Manchmal sage ich plakativ: Alles, was zum Erziehungsdepartement gehört und nicht Schule ist, ist bei Jugend, Familie und Sport. Das stimmt so aber nicht. Es gibt viele Überschneidungen und Berührungspunkte zwischen den Bereichen JFS, Volksschulen, Mittelschulen und Berufsbildung.

Können Sie ein paar Beispiele nennen?

Bei vielen Angeboten des Erziehungsdepartements gibt es Schnittstellen, zum Beispiel bei der Frühförderung und dem Übertritt in den Kindergarten, bei der ausserfamiliären Kinderbetreuung mit Tagesstrukturen und Tagesbetreuung. Oder wenn ein Kind oder eine Familie in Schwierigkeiten ist und vom Kinder- und Jugenddienst (KJD) Unterstützung bekommt. Das sind Kinder, die in Basel zur Schule gehen oder in die Schule gegangen sind, und nun braucht es andere Lösungen oder Unterstützung. Da ist eine enge Zusammenarbeit besonders gefordert.

Und natürlich gibt es viele Berührungspunkte im Sport mit dem Freiwilligen Schulsport, mit den Sportklassen in der Leistungssportförderung und mit der Vermietung von Schul- und Sporträumlichkeiten.

Sprechen wir über die ausserfamiliäre Kinderbetreuung. Die schulinternen Tagesstrukturen gehören der Volksschule an, die Kitas dem Bereich JFS. Wieso ist das so?

Die Tagesstrukturen an den Schulen und die Betreuungsstrukturen in den privaten Kitas sind parallel gewachsen. Für Eltern und besonders für Kinder ist die Trennung der Systeme unverständlich. Deshalb soll, die ausserschulische und die ausserfamiliäre Betreuung integral weiterentwickelt werden. Dies ist der nächste Schritt im Strategieprozess des Erziehungsdepartements in Bezug auf das Fokusthema «Neues System Kinderbetreuung».

Der erste Baustein war das Massnahmenpaket für eine bedarfsgerechte, finanziell tragbare, qualitativ hochwertige familienergänzende Kinderbetreuung, das der Grosse Rat im Oktober 2023 beschlossen hat. Das betrifft vor allem die Tagesbetreuung, aber auch Elemente von Tagesstrukturen und Spielgruppen. Es geht um die finanzielle Entlastung von Familien, die Betreuungsqualität, die Verbesserung von Anstellungsbedingungen und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und, was man auch benennen kann: den laufenden Ausbau der Tagesstrukturen.

Wie sollen die zwei Systeme – Tagesstrukturen und Tagesbetreuung – zusammengeführt werden?

Wir wollen ein kohärentes System von Kinderbetreuung. Wie weit das möglich ist, werden wir sehen, aber letztlich soll es ein einfaches und vor allem für Eltern und Kinder verständliches System sein. Im Moment haben wir unterschiedliche Preise, Anbietende, Abläufe, pädagogische Konzepte … Und ich spreche nicht nur von Tagesstrukturen und Tagesbetreuung. Es gibt ja auch Tagesfamilien, schulinterne und schulexterne Tagesstrukturen, Mittagstische, Tagesferien, Ferienbetreuung an den Schulen, Sportlager – alle Angebote haben ein eigenes System. Das werden wir angehen.

Wo sehen Sie momentan noch Handlungsbedarf?

Bei der Jugendhilfe spüren wir grossen Druck. Es gibt immer mehr Kinder, die Unterstützung brauchen – das sieht man bei den steigenden Fallzahlen beim Kinder- und Jugenddienst (KJD). Wir versuchen, den Mehrbedarf abzudecken. Gleichzeitig arbeiten wir an der strategischen Ausrichtung unserer Schulheime.

Zu Jugend, Familie und Sport gehören auch Schulheime? 

Genau. Wir sind im Rahmen der Jugendhilfe für die stationären Angebote zuständig, das heisst für die Kinder- und Jugendheime. Zusätzlich führt der Bereich drei Schulheime. Das sind Kinder- und Jugendheime mit einer integrierten Schule. Für den Besuch eines Schulheimes braucht es eine doppelte Indikation: eine sozial-familiäre und eine schulische. Die Kinder können aus verschiedenen Gründen nicht daheim wohnen und sie haben besonderen schulischen Unterstützungsbedarf. Da haben wir eine ganz enge Zusammenarbeit zwischen JFS und Volksschulen.

Als weitere Schnittstelle nannten Sie den Sport. Inwiefern arbeiten das Sportamt und die Schulen zusammen?

Wir sind zuständig für die Breitensportförderung und dazu gehört der Freiwillige Schulsport – aber auch Angebote im öffentlichen Raum: Pumptracks, Summer-Kunschti, begleitetes Rheinschwimmen, Schwimmkurse, Sportlager, offene Turnhallen.

Eine wichtige Schnittstelle zu den Schulen ist die Vermietung von Sport- und Schulanlagen. Das Sportamt bewirtschaftet die Vermietung, wenn zum Beispiel ein Verein ein Zeitfenster möchte für eine Turnhalle oder wenn eine Fasnachtsclique ein Schulzimmer will, damit sie abends proben kann.

Die Vermietung über das Sportamt gilt auch für Lehrpersonen, die ausserhalb der Schulzeit auf den Sportplatz wollen?

Ausserhalb der Schulzeiten, ja. Sogar wenn die Schule einen Anlass in der Aula plant, müssen sie sich mit dem Sportamt absprechen, weil das Sportamt die Abende vermietet. Es organisiert zudem Abwartinnen und Abwarte, die zu den ausserschulischen Zeiten aufschliessen, zuschliessen und reinigen. Das nennen wir Vereinsdienst und dafür sind über 50 Personen in Teilzeitpensen zuständig.

Wie steht es denn um den verfügbaren Raum in Basel?

Der Raum ist ein grosses Thema. Der Druck auf die Sportflächen, die Turnhallen und die Schwimmhallen, aber auch auf die Grasflächen ist da. Ebenso auf die frei verfügbaren und die zugänglichen Räume für Kinder und Jugendliche. Da stellen sich folgende Fragen: Wie können wir Raum nutzen? Lassen sich abends auch Pausenplätze von Schulen öffnen? Wir müssen als Stadt überlegen, wo es Räume hat, die zu gewissen Zeiten nicht genutzt werden, und die zu anderen Zeiten anders genutzt werden können.

Was schlagen Sie vor?

Eigentlich müssen wir mit der Infrastruktur, mit dem Platz, den wir haben, leben. Wir können allerdings die Nutzung sicher noch optimieren. Das ist die grosse Herausforderung.

Es ist also kein neues Fussballfeld geplant?

Ich wüsste nicht, wo. Nächstes Jahr findet in Basel die Fussball-Europameisterschaft der Frauen statt. Im Zuge davon werden wir die Sport- und Bewegungsförderung für Mädchen und Frauen langfristig vorantreiben, haben aber dazu nicht unbedingt mehr Platz. Wir müssen also schauen, dass wir das, was wir haben, optimaler ausnutzen, damit wir besser aneinander vorbeikommen und mehr ermöglichen können. Das gilt sowohl für die Sportfelder der Schulen als auch für die Sportfelder des Sportamts.

Als Schnittstelle zwischen den Bereichen erwähnten Sie ausserdem die Frühförderung. Was sind da die grossen Themen?

Da gibt es verschiedene Themen. Per August 2024 wird die obligatorische frühe Deutschförderung im Jahr vor dem Kindergarten von zwei auf drei Halbtage ausgebaut. Das hat der Grosse Rat im Dezember 2023 beschlossen. Und dann beschäftigt uns zum Beispiel ein Thema, das die Schulen auch haben, aber das schon viel früher beginnt: die Bildschirmnutzung bei Kindern. Im Frühbereich sind sich die Fachleute einig: vor drei Jahren keinen Bildschirm. Ein früher und ausgedehnter Medienkonsum kann für die Entwicklung eines Kindes schwerwiegende Konsequenzen haben.

Wie wird das Problem angegangen?

Es ist wichtig, dass wir die Prävention verstärken. Wir haben Beispiele von Kindern, die nur noch essen, wenn sie Filme schauen dürfen. Das ist erschreckend und gleichzeitig ist der Umgang damit schwierig: Wie erreichen wir die Eltern? Was sind die richtigen Botschaften? Die Bildschirmnutzung beginnt im Frühbereich und die Schulen merken die Folgen. Deshalb ist es wichtig, dass im Rahmen des Ratschlags zur integrativen Schule auch Mittel für den Frühbereich beantragt wurden, damit die Beratung und Begleitung von Kindern und Familien intensiver stattfinden kann. Dass wir das Thema ganzheitlich und bereichsübergreifend anschauen, ist Ausdruck davon, wie wir in der Geschäftsleitung des Erziehungsdepartements zusammenarbeiten wollen und es bereits tun. Das ist toll!

Interview von: Tamara Funck

Bereich Jugend, Familie und Sport (JFS)

Der Bereich Jugend, Familie und Sport mit rund 520 Mitarbeitenden gliedert sich in die Abteilungen Jugend- und Familienangebote, Kinder- und Jugenddienst und Sport. Die Angebote des Bereichs stärken die Familien, fördern die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen und laden sie zur Mitwirkung ein.

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