2. Entstehung des Satzes

Es gibt über die Entstehung des Lehrsatzes keinerlei gesicherte Erkenntnisse. Es können nur Vermutungen angestellt werden. Auf mystische Entstehungsgeschichten möchte ich hier jedoch nicht eingehen.





Der Lehrsatz war bereits vor Lebzeiten Pythagoras in vielen Hochkulturen bekannt.
Bereits in Ägypten zur Zeit des Königs AMENEMAT I. (um 2300 v. Chr.) war das rechtwinklige Dreieck mit den Seiten 3, 4, 5 bekannt.
Die sogenannten "Seilspanner", die Harpenodapten hatten die Aufgabe rechtwinklige Dreiecke mit den Seitenlängen 3, 4, 5 zu konstruieren. Dazu bedienten sie sich eines 12 Längeneinheiten langen Seils, das im Abstand einer Längeneinheit einen Knoten hatte und an beiden Enden zusammen geknotet wurde. Wird das Seil nun am ersten, vierten und achten Knoten festgehalten und gespannt, entsteht am vierten Knoten ein rechter Winkel.
Bei genauen Betrachten der Vorgehensweise der "Seilspanner" wird der aufmerksame Leser feststellen, daß es sich hier nicht um den pythagoreischen Lehrsatz handelt, sondern um seine Umkehrung.
Denn die "Seilspanner" gehen von der Gleichung 32 + 42 = 52 aus und folgern daraus, daß das Dreieck rechtwinklig ist.
Es ist also offensichtlich, daß die Umkehrung des pythagoreischen Lehrsatzes älter ist als der Satz selbst.
Beweis zur Umkehrung siehe 3. Der Satz des Pythagoras

Obgleich diese Version der Enstehung des pythagoreischen Lehrsatzes häufig in der Literatur gefunden wird fehlt ein konkreter Beleg dafür.

Einen weiteren Hinweis auf die praxisorientierte Entdeckung des Lehrsatzes mit Pflock und Seil gibt eine Inschrift am Tempel von Abydos (Stadt in Oberägypten am westl. Nilufer). Hier wird die Gründung des Tempels durch König Sethos I (ca. 1445 v.Chr.) beschrieben.
Die Göttin Sefech spricht zu ihm :
"Der Schlegel in meiner Hand war von Gold, als ich schlug den Pflock mit ihm, und Du warst bei mir in Deiner Eigenschaft als Harpedonapt. Deine Hand hielt den Spaten beim Feststellen der vier Ecken des Tempels in Genauigkeit gemäß den vier Seiten des Himmel."
Auf den zugehörigen Bildern sieht man den König mit der Osiris-Krone, ihm gegenüber die Göttin. Beide halten in der Rechten eine Keule und schlagen damit je einen langen Pflock in den Boden. Um die zwei Pfeile läuft ein an den Ecken zusammengebundenes Seil, das straff angezogen wird.

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GEONET
nicht laufen kann !!!

An einer Stelle P soll nun ein rechter Winkel erzeugt werden. Dazu wird ein an den Enden zusammengebundenes Seil, das um zwei Pflöcke läuft verwendet. Der eine Pflock wird nun bei P festgehalten, das Seil straffgezogen und man schlägt den zweiten Pflock in den Boden. Mit dem ersten Pflock wird nun ein Kreis um den zweiten Pflock gezogen. Dann trägt man die Länge des Radius , von P beginnend auf der Kreislinie ab. Nun verbindet man P mit einem direkten Nachbarpunkt und mit dem übernächsten Punkt auf der anderen Seite. Somit erhält man bei P einen rechten Winkel.

Dokumentation zu GEONET

Auch in der babylonischen Hochkultur war bereits 1800 v. Chr. die Tatsache bekannt, daß ein Dreieck mit den Seiten 3, 4, 5 rechtwinklig ist.
Man kann davon ausgehen, daß die Babylonier für den Spezialfall des gleichschenklig rechtwinkligen Dreiecks eine Begründung des pythagoreischen Lehrsatzes kannten, da bei Ausgrabungen eine Tontafel mit folgender Figur gefunden wurde




In Indien hat der Mathematiker Bhaskara um 1150 n. Chr. einen Beweis durchgeführt, der mit Mitteln auskommt, die beriets die Babylonier kannten.
Das rechtwinklige Dreieck ABC wird durch die Höhe in zwei rechtwinklige Teildreiecke zerteilt. Bhaskara geht davon aus, daß die Seiten der Teildreiecke den Seiten des Ausgangsdreiecks proportional ist. Daraus folgt dann:



Es scheint also ganz offensichtlich zu sein, daß Pythagoras nicht der erste Entdecker des Zusammenhangs von rechtwinkligen Dreiecken mit der Gleichung c2 = a2 + b2 war. Dennoch hat Euklid die Entdeckung Pythagoras zugeschrieben.
1. Biographie des Pythagoras 3. Der Satz des Pythagoras 4. Verallgemeinerung
5. Übungen 6. Eine Anwendung aus dem "Alltag" 7. Literatur und nützliche Links
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e-mail : Peter.Moreth@stud.uni-bayreuth.de