Rede des Departementsvorstehers an der GeKo 2024
Sehr geehrte Mitglieder des Leitenden Ausschusses der KSBS
Sehr geehrte Schulleitungen
Sehr geehrte Lehr- und Fachpersonen
Sehr geehrte Leitungen und sehr geehrte Mitarbeitende der Tagesstrukturen
Meine Damen und Herren
Vor sieben Jahren durfte ich zum ersten Mal in dieser eindrücklichen Kulisse auftreten. Vor Ihnen allen, die unsere Basler Schulen tragen. Ich hatte damals eben erst mein neues Amt als Erziehungsdirektor angetreten. Und ich begann mit einem Geständnis: Ich sagte damals: «Ich habe keine Ahnung».
Ich war angetreten, um zu lernen. Und ich hoffe doch, dass ich mir in den letzten sieben Jahren gewisse Kenntnisse erarbeitet habe. Und dass Sie davon etwas gemerkt haben. Ich bin mit dem Aussenblick gekommen, den Sie heute zum Thema Ihrer GeKo gemacht haben. Nach sieben Jahren habe ich mir einen Innenblick angeeignet. Das ist ein guter Moment, um zurückzuschauen.
Dieser Auftritt vor Ihnen heute geht für mich nicht ohne einen gewissen melancholischen Unterton. Wie Sie vielleicht wissen, besteht doch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich am 1. Mai eine neue Aufgabe als Regierungspräsident unseres Kantons übernehmen darf.
Jedenfalls fällt es mir nicht nur leicht, heute hier zu stehen. In den vergangenen Wochen, an der grossen Schulfasnacht im Gundeli, bei letzten Schulbesuchen und jetzt auch heute, wo ich Sie alle hier so versammelt sehe, frage ich mich schon: Wie konnte ich eigentlich auf die Idee kommen, das Erziehungsdepartement freiwillig verlassen zu wollen?
Ich tröste mich damit, dass Basel klein ist, man sich wiedersieht und ich weiterhin in der Verantwortung auch für die Bildungspolitik in unserem Kanton stehen dürfte. Aber es ist wohl meine letzte GeKo und wahrscheinlich das letzte Mal, dass Sie mir sozusagen obligatorisch zuhören.
Da möchte ich einmal das tun, was Sie in Ihrem Beruf jeden Tag tun dürfen: Ich möchte meinem Publikum etwas auf den weiteren Lebensweg mitgeben.
I.
Wissen Sie, was mir zuerst auffiel, als ich vor sieben Jahren begann:
Die Professionalität. Also Ihre Professionalität. Sie alle sind Profis. Sie können, was sie tun. Und je länger ich dabei war, desto mehr sah ich, wie viel Können es für Ihre vielfältigen, komplexen Aufgaben an unseren Schulen braucht. Das wird von Leuten mit dem Aussenblick manchmal ziemlich unterschätzt.
Jetzt könnte man sagen, dass Profis eben professionell sind und das ja irgendwie selbstverständlich sei. Nun ja, selbstverständlich ist es nicht, sonst müssten wir nicht mit unseren Steuergeldern immer mal wieder eine Bank retten. Aber ja, es ist unser und Ihr Anspruch, professionell zu sein, jeden Tag. Aber es gibt noch etwas über die Professionalität hinaus, was mir immer klarer wurde und mich bis heute beeindruckt:
Sie alle engagieren sich weit über die Minimalgrenzen Ihres Pensums hinaus. Niemand im Erziehungsdepartement leistet einfach Dienst nach Vorschrift. Sie an unseren Schulen geben alle mehr – Ihr Bestes nämlich. Ich habe dafür so viele Beispiele gesehen in den letzten Jahren:
- Geradezu ikonisch: der Primarlehrer, der mitten im Corona-Shutdown in seiner Freizeit auf dem Velo von Briefkasten zu Briefkasten fährt, um jedem und jeder einzelnen seiner Schülerinnen und Schüler die Aufgaben vorbeizubringen;
- die Mitarbeitenden einer Tagesstruktur, die selbst ein Modul Frühbetreuung kreieren und ein z’Morge improvisieren, weil es Schülerinnen und Schüler gibt, die zu Hause nichts bekommen;
- oder generell all die Lehrerinnen und Lehrer, all die Fachpersonen, die sich Zeit nehmen für Schülerinnen und Schüler in schwierigen Situationen, an runden Tischen, im Gespräch oder manchmal auch im Gesprächsversuch mit Eltern.
Es gibt so viele Beispiele, aufwühlende, anrührende, respekteinflössende. Sie geben sich mit Leib und Seele ein, zum Wohl der Schülerinnen und Schüler.
Meine Damen und Herren, mit Ihrem Engagement widerlegen Sie jeden Tag alle Vorurteile, die es da und dort gegenüber Ihrem Berufsstand geben mag. Und ich versichere Ihnen, wenn ich mit solchen Vorurteilen konfrontiert bin, werde ich sehr gerne weiterhin von meinen Beobachtungen erzählen, egal ob die Leute mit den Vorurteilen das hören wollen oder nicht.
II.
Eine zweite Beobachtung, die mir wichtig ist. Ich habe viele hunderte Gespräche mit einzelnen von Ihnen geführt – an Schulbesuchen, am Lehrpersonentelefon oder auch bei zufälligen Begegnungen. Sie haben dabei mir gegenüber nie ein Blatt vor den Mund genommen.
Für Ihre offene Meinungsfreude mir gegenüber war ich immer dankbar – auch wenn Sie mir ab und zu einmal happige Kritik entgegengebracht haben. Aber genau damit haben Sie mir geholfen, dass wir zusammen bessere Lösungen finden konnten:
- bei der Verbesserung unserer integrativen Schule;
- bei der Bewältigung der Pandemie mit all den Masken, Tests und Querelen;
- bei der Digitalisierung unserer Schulen;
- beim Ausbau der Tagesstrukturen.
Viele dieser Themen werden die Schulen in den nächsten Jahren weiter intensiv beschäftigen. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam gut unterwegs sind – im Sinn der Sache, nicht immer im Konsens, versteht sich, aber mit Kritikfähigkeit, Freude am Entwickeln, Zuhören, verbessern.
III.
Und in diesem Zusammenhang habe ich nun doch noch einen Wunsch. Wünschen darf man ja immer.
Manchmal höre ich Lehr- und Fachpersonen, die einen Satz beginnen mit: «Die vom ED haben…»
Was dann folgt, klingt meist nicht nach grenzenloser Freude. Mehr nach freudloser Abgrenzung: «Die vom ED».
«Das ED» ist zwar wenigstens ein bisschen netter als früher, als es noch «Erz-Dep» hiess, aber gemeint mit «dem ED» ist doch – ich will es offen aussprechen –: die Bildungsbürokratie in der Leimenstrasse, weit weg vom Schulalltag.
Mir passt es gar nicht, wenn wir uns so auseinanderdividieren lassen. Denn wir alle machen dieses Departement aus. Sie an den Schulen und in den Tagesstrukturen. Unsere Kolleginnen und Kollegen im Büro an den Leimenstrasse oder auch im Lastwagen der Materialzentrale, im PZ.BS, beim SPD oder auf den Sportanlagen.
Besonders möchte ich hier und heute eine Lanze brechen für die grossartigen Menschen, die mich in den letzten sieben Jahren eng begleitet haben und eben in der Verwaltung tätig sind. Einige von ihnen sind heute hier. Sie schaffen mit riesigem Fachwissen Grundlagen für Ihre Arbeit an den Schulen. Praktisch alle bringen selber Schulerfahrung mit, standen selber viele Jahre in Klassenzimmern. Und alle leisten wie Sie viel mehr als das Minimum.
Mein Wunsch ist, dass es uns in Zukunft noch besser gelingt, an einem Strang zu ziehen. Tragen wir zusammen Sorge zu unserer Schule! Sie tun das, Tag für Tag, bei Ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Alle unsere Kolleginnen und Kollegen in unserem Departement tun es.
IV.
Zum Schluss noch etwas. Ich habe Ihnen von den Hunderten Gesprächen erzählt, die ich mit vielen von Ihnen führen durfte. Es ging dabei um alles Mögliche und meist waren das nicht einfach lockere Plaudereien, sondern es ging um etwas, was nicht gut funktioniert, um schwierige Situationen, um Belastungen, um Überlastungen.
Nahezu alle diese Gespräche, auch die ganz schwierigen, hatten etwas gemeinsam: Am Ende kam von Ihnen praktisch ausnahmslos ein Satz, immer in ähnlichen Worten:
«Und wüsse Sie öbbis möchti am Schluss no ergänze: Ich ha e schöne Bruef, und ich mach my Bruef trotz allem gärn.»
Mich hat das jedes Mal berührt. Es gibt keine Weisung des ED, dass man das sagen muss. Es ist einfach das, was die allermeisten von Ihnen fühlen, auch wenn es manchmal verbunden ist mit einem grossen «trotz allem».
Ich kenne keine andere Berufsgruppe, die so von ihrem Beruf spricht. Und ich habe viele Berufsleute kennen gelernt, bevor ich als Erziehungsdirektor angefangen habe: Anwältinnen oder Banker, Werber oder Steuerexpertinnen. Viele von denen stellen sich irgendwann die Sinnfrage: «Was bewirke ich eigentlich?»
Sie alle kennen die Antwort auf diese Frage für sich. Ihre Aufgabe ist jeden Tag einfach nur sinnvoll – ob sie als Kindergartenlehrperson, als Heilpädagoge, als Leiterin einer Tagesstruktur oder als Primarlehrer tätig sind.
Und das ist etwas, was mir bleiben wird: Ihre Leidenschaft für Ihren Beruf, Ihr feu sacré. Sie alle als Berufsleute, die ihren Beruf als Berufung sehen und jeden Arbeitstag so viel geben zu Gunsten Ihrer Schülerinnen und Schüler, Sie haben meinen Respekt und meine Hochachtung. Und ich danke Ihnen, dass Sie im Kanton Basel-Stadt, im ED, arbeiten.
V.
Und ganz zum Schluss nach Beobachtungen, Wünschen und Dank habe ich noch eine konkrete Bitte an Sie. Ich möchte Sie bitten, meinem Nachfolger dasselbe Wohlwollen und Vertrauen entgegenzubringen, das ich spüren durfte. Wer immer künftig Vorsteher des Erziehungsdepartements sein wird: Ich weiss, dass er sich nach besten Kräften einsetzen wird für unsere Schule und mit Ihnen zusammen die Zukunft unserer Schule gut gestalten will.
Meine Damen und Herren: Es ist und war mir eine Freude und Ehre, für Sie arbeiten zu dürfen.
Danke viilmool für alles – und mache Sies guet!