Besserung in Sicht
Für arbeitstätige Eltern mit kleinen Kindern sind sie Gold wert: die Fachpersonen Betreuung, die jeden Wochentag Kinder in Kitas empfangen, während Mami und Papi zur Arbeit aufbrechen. Charlotte André ist eine von ihnen. Auf der Gruppe Koala in der Erlenmattkrippe in Basel betreut die 19-Jährige Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren. André wird voraussichtlich im Sommer ihre Lehre als Fachfrau Betreuung abschliessen. Ihr Weg bis zum Lehrabschluss war aber alles andere als geradlinig. Das hat strukturelle Gründe.
Zweifel im ersten Lehrjahr
Die Aargauerin begann ihren Berufseinstieg mit einem Praktikum in einem Kindergarten. Eine Freundin erzählte ihr von einem Sozialjahr, das jungen Erwachsenen Einblicke in Pflege, Betreuung oder Hauswirtschaft ermöglicht. André kam so zu einer Praktikumsstelle in Dietikon, Zürich, wo sie ein Jahr arbeitete.
«Die Arbeit mit Kindern machte mir Spass», erinnert sich die Lernende. Deshalb suchte André nach ihrem Praktikumsjahr einen Ausbildungsplatz als Fachperson Betreuung und fand eine Lehrstelle in einer Kita ausserhalb von Basel. «Auch wenn ich die Unterschiede zwischen Kita und Kindergarten unterschätzt habe, gefiel mir der Arbeitsalltag in der Kita», sagt André. Leider habe sie aber unter dem herrschenden akuten Personalmangel gelitten. Bezahlte Pausen waren nicht möglich, es fehlte überall an helfenden Händen. «Ich war im ersten Lehrjahr und leitete mit einer anderen Lernenden die Babygruppe», erzählt André. Die Situation sei weder für sie noch für die Kinder gut gewesen.
Eine zweite Chance
«Ich bin froh, habe ich dem Beruf nochmals eine Chance gegeben», sagt André heute, die stets gutes Feedback für ihre Arbeit bekam. Der Personalmangel sei überall in den Kitas ein grosses Thema, es gebe zu wenig Fachpersonen Betreuung. In der jetzigen Kita werde aber darauf geachtet, dass der Betreuungsschlüssel eingehalten wird, sagt André.
Die Lernende konnte im zweiten Lehrjahr ihre Freude am Beruf wiederfinden. Inzwischen im dritten und letzten Lehrjahr angekommen, arbeitet André auf einer von vier altersdurchmischten Gruppen und schlüpft an manchen Tagen in die Rolle der Gruppenleiterin – um sich bestmöglich auf ihren Lehrabschluss vorzubereiten.
An ihrem Beruf gefalle ihr besonders, die Kinder miterleben zu dürfen. «Manche Kinder verbringen viel Zeit in der Kita, da ist es schön, wenn wir Mitarbeitenden bei den Entwicklungsschritten zuschauen können», sagt André. Ausserdem schätzt die Lernende die Beziehungsarbeit mit den Eltern: «Wir versuchen, Vertrauen aufzubauen, und sind viel in Austausch, das ist sehr wichtig für mich.»
Pausen einfordern
Aufgrund ihrer Erfahrungen weiss André, wie wichtig der Ausgleich zur Arbeit ist. Angehenden FaBe-Lernenden rät sie: «Wenn ihr den Beruf wählt, müsst ihr flexibel und belastbar sein und braucht einen guten Ausgleich. Das musste ich auch lernen.» Die Lernende geht einmal pro Woche ins Yoga. Zudem betont sie: «Es ist wichtig, ein Kind abzugeben und eine Pause einzufordern, wenn es zu viel wird.» Charlotte Andrés Blick wandert zu einem Kleinkind im Kinderwagen. Es ist friedlich eingeschlafen. Auf die anderen Kinder, die draussen spielen, wartet das Zvieri.
Text: Tamara Funck
Berufslehre Fachperson Betreuung EFZ Fachpersonen Betreuung (FaBe) begleiten je nach Fachrichtung Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, die im Alltag Unterstützung benötigen. Im Kanton Basel-Stadt absolvieren momentan 540 Lernende die Berufslehre mit der Fachrichtung Kinder, 42 Lernende mit Fachrichtung Menschen mit Beeinträchtigungen und 8 Lernende mit Fachrichtung Menschen im Alter. |
Bessere Arbeitsbedingungen Der Grosse Rat hat am 18. Oktober 2023 dem Massnahmenpaket zur familienergänzenden Kinderbetreuung zugestimmt. Die Kinderbetreuung wird für Familien im Kanton Basel-Stadt günstiger. Zudem werden die Löhne des Betreuungspersonals in Kindertagesstätten auf das Niveau der Löhne von Tagesstruktur-Mitarbeitenden erhöht. Mit der beschlossenen Erhöhung des Anteils an pädagogisch ausgebildetem Personal wird sich auch die Betreuungsqualität in Kindertagesstätten erhöhen. Gleichzeitig wird das Personal damit entlastet. Dies steigert – zusammen mit der Erhöhung der Löhne – die Attraktivität dieses Berufsfelds in Basel-Stadt weiter. Die Umsetzung soll mit Schuljahrbeginn auf 1. August 2024 erfolgen. |