Den Überblick behalten und den Fokus schärfen
Kompetenzorientierten Unterricht unkompliziert in die Praxis zu bringen – das ist das Anliegen der Arbeitsgruppe «Kompetenzorientierter Unterricht» am Pädagogischen Zentrum PZ.BS. Derzeit arbeiten vier Fachexpertinnen und ein Fachexperte an diesem Ziel und vereinen ihr Wissen aus verschiedenen Fächern und Stufen. Das neuste Produkt der Gruppe ist ein Fächer mit 17 Fragen an den eigenen Unterricht. Im Interview wird es vorgestellt.
Basler Schulblatt: Was sind das für Fragen auf dem Fächer?
Arbeitsgruppe: Der Fächer knüpft an verschiedenen Momenten des Unterrichtens an. Einige Fragen beziehen sich aufs Vorbereiten, andere aufs Reflektieren: Wie dokumentieren die Schülerinnen und Schüler, was sie gelernt haben? Wie schaffe ich als Lehrperson eine Grundlage für motiviertes, selbstverantwortliches Lernen? Ermöglichen meine Aufgaben den Schülerinnen und Schülern, auf ihrem Niveau Fortschritte zu machen? Es hat Fragen zum Vorbereiten, Unterrichten und Zurückblicken.
Je nachdem, wie viel Zeit eine Lehrperson hat, kann sie sich auf eine oder mehrere Fragen konzentrieren, die sie in der Sequenz, die sie gerade plant, besonders beachten möchte. Der Fächer kann aber auch im Nachhinein dabei helfen, wie eine bereits durchgeführte Sequenz beim nächsten Mal kompetenzorientierter gestaltet werden kann.
Wie sieht das in der Praxis aus, im Alltag?
Für uns setzt der Fächer gleich nach dem Blick in den Lehrplan an. Sobald klar ist, welche Kompetenzen oder Kompetenzbereiche Gegenstand der nächsten Unterrichtssequenz sind und wir uns grob über die Ziele für die Lernenden im Klaren sind, nehmen wir den Fächer zur Hand. Er hilft dabei, die wichtigen Punkte des kompetenzorientierten Unterrichts im Blick zu behalten.
Konkret würden wir den Fächer beim Vorbereiten auf den Tisch legen und die Fragen durchgehen. Dieses Mal interessiert es vielleicht, wie Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Perspektiven auf die Frage entwickeln könnten, die wir behandeln. Die passende Lamelle würde offen daliegen und beim Weiterplanen immer wieder an diesen Fokus erinnern. Wie wirkt sich das auf die Prüfungsformen aus? Aufs Üben? Wie würden wir das Wissen aus den verschiedenen Perspektiven zusammenbringen?
Wer soll den Fächer nutzen?
Wir waren kürzlich an einem Anlass für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger. Es war spannend, bereichernd und wichtig für uns zu hören, was diese Lehrpersonen beschäftigt. Der Fächer könnte für diejenigen nützlich sein, die neu im Beruf sind, sich vielleicht manchmal überwältigt fühlen und darum froh sind, wenn sie eine einzige Sache haben, auf die sie sich konzentrieren können. Und dabei wissen, dass sie einen relevanten Fokus gesetzt haben.
Wir denken aber auch an erfahrene Lehrpersonen, die wissen, wie sie den Lehrplan umsetzen, die Lust haben, das, was sie schon mit Erfolg machen, aus einer anderen Perspektive anzuschauen. Oder wir denken an Fachgruppen und pädagogische Teams, die sich gemeinsam auf eine konkrete Fragestellung des Fächers konzentrieren. Der Fokus auf die Fragen kann sowohl fächerübergreifend als auch fächerspezifisch gerichtet sein.
Dann ist Kompetenzorientierung nicht etwas Fachspezifisches?
Das ist genau das Schöne an der Kompetenzorientierung, dass sie nicht nur fachspezifisch angewendet werden kann. Es geht um eine Haltung, die Arbeitsweise, das Mitwirken der Schülerinnen und Schüler, um Vernetzung und in erster Linie darum, wie eine Grundlage für motiviertes selbstverantwortliches Lernen geschaffen werden kann. All das ist den Fächern übergeordnet. Die fachlichen Inhalte sind zwar unterschiedlich, aber die Frage, woran man Lernzuwachs erkennen kann, oder, was sich die Schülerinnen und Schüler in dieser Lerneinheit gegenseitig beibringen werden, die kann man über alle Fächer hinweg stellen.
Bei der Entwicklung hat uns sicher geholfen, dass wir als Arbeitsgruppe ganz unterschiedliche fachliche Blickwinkel, Stufenbezüge und Erfahrungen mitbringen. Die fächerübergreifende Perspektive war enorm inspirierend und hilfreich, um sich allgemeingültigen Haltungen anzunähern und sich in die spezifischen Gesetzmässigkeiten einzudenken. So eine enge fächerverbindende Zusammenarbeit wie wir sie am PZ.BS haben, findet man an einer Hochschule kaum.
Was war euch beim Entwickeln des Fächers wichtig?
Der Fächer basiert auf einem Papier, das wir vor zwei Jahren verfasst haben. Mittels eines Fadenzwirns visualisiert es, wie die verschiedenen Ebenen von kompetenzorientiertem Unterricht ineinandergreifen: auf der Basis einer guten Schule und eines guten Unterrichts die Schülerinnen und Schüler aktivieren, fördern und zur Reflexion anregen, damit sie einen Transfer der erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten erreichen können. Eine komplexe Sache! Der Fächer ist die handliche und praxisnahe Variante des Papiers. Damit machen wir auch unsere gemeinsame Haltung zu kompetenzorientiertem Unterrichten sichtbar.
Der Fächer soll auf möglichst einfachem Weg mit kurzen, konkreten Fragen zum Denken anregen, vielleicht neue Ideen aufzeigen und Stütze sein im Schulalltag. Herausfordernd war, die Fragen so zu formulieren, dass sie möglichst vielen Lehrpersonen in der Praxis etwas bringen, und sich auf das Wesentliche zu beschränken – zu Kompetenzorientierung gäbe es so viel zu sagen!
Wie geht es weiter?
Nach den Sommerferien kann der Fächer beim PZ.BS bestellt werden. Wir hoffen, er trifft auf viele neugierige Lehrpersonen, die ihn anschauen und denken: «Ja, warum nicht? Darauf achte ich heute.»
Unserer Meinung nach ist kompetenzorientiert zu unterrichten ein Handwerk, das ständig weiterentwickelt und verbessert werden soll. Der Fächer hilft dabei, die eigenen Entwicklungsfelder zu finden und daran zu arbeiten. Wir hoffen, davon können nun auch andere profitieren!
Text von Stephanie Lori, Pädagogisches Zentrum PZ.BS
Die Arbeitsgruppe Kompetenzorientierung des PZ.BS besteht aus vier Fachexpertinnen und einem Fachexperten mit unterschiedlichen Hintergründen: Alexandra Binnenkade (RZG, NMG, ERG), Fabienne Dombois (Bildnerisches und Technisches Gestalten), Florian Dünki (NMG, Medien und Informatik Primarstufe), Sereina Kessler (Musik) und Corinne Senn (WAH). |