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«Lehrpersonen müssen nicht alles erklären können»

20.12.2023
Der Nahostkonflikt ist komplex. Selbst Spezialistinnen und Spezialisten ringen um Erklärungen und Einschätzungen. Alexandra Binnenkade, Fachexpertin für NMG, RZG, ERG und Geschichte am Pädagogischen Zentrum PZ.BS, sprach mit der Schulblattredaktion über die Gefahr der Überwältigung.
Bild Legende:

«Der Nahostkonflikt und was er alles auslöst, ist überwältigend. Wir erleben einen Bilder- und Informationskrieg. Das ist eines der Ziele dieser Bilder und Meldungen: zu überwältigen, zu mobilisieren. Es braucht darum grösste Vorsicht, um nicht in eine bipolare Perspektive zu verfallen. Im Sinne von, das sind die Guten und das sind die Schlechten, sie sind schuld und sie sind nicht schuld. Wie kann eine Lehrperson das Thema überhaupt angehen?

Es überwältigen nicht nur die Ereignisse und Bilder. Die grössten Spezialisten zum Nahen Osten sind herausgefordert. Manche Personen erwarten jetzt sehr viel von Lehrpersonen. Ich finde, sie müssen das nicht alles erklären können. Der Konflikt hat wahnsinnig viele Facetten.

Was Schülerinnen und Schüler daran aber sicher üben können, ist einen kritischen Umgang mit Medienberichterstattung, einen kritischen Umgang mit dem Material, das sie im Internet finden. Wer wird wie dargestellt? Wer ist im Zentrum? Wer hat Handlungsmöglichkeiten? Wer hat keine? Welche Sprache wird verwendet? So kann man auch Formen von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit thematisieren.

Anstatt sich eine ausgeklügelte Präsentation auszudenken, würde ich vielleicht lieber erst einmal fragen und schauen: Welche Fragen beschäftigen die Schülerinnen und Schüler tatsächlich? Was möchten sie von mir wissen? Wo informieren wir uns gemeinsam? Was könnten die Informationen bedeuten?

Die Beschäftigung mit Antisemitismus ist sehr wichtig, nicht nur, weil das Thema jetzt aktuell ist, sondern darüber hinaus. Sie gehört in den umfassenderen Kontext von Diskriminierung. Diskriminierung funktioniert nach Mustern, die alle erkennen können. Wenn es uns gelingt, Antisemitismus als Teil von Diskriminierung zu sehen, über die wir immer wieder reden müssen, dann ist man nicht damit überfordert, alles zu diesem konkreten Krieg in Nahost sagen zu müssen, sondern kann hinschauen, was hier bei uns, an unserer Schule, in unserer Gesellschaft passiert.»

Aufgezeichnet von Tamara Funck

Antisemitismus als Unterrichtsthema 

Von Primarstufe über Sek I zu Sek II: Das PZ.BS stellt eine umfassende Liste aus geprüften Lehrmitteln, Unterrichtsmaterialien und interaktiven Angeboten für Lehrpersonen und Schulklassen bereit: www.edubs.ch/antisemitismus
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