Mehr Gewicht für «Medien und Informatik»
Wie nutzen Ihre Schülerinnen und Schüler digitale Geräte im Unterricht?
«Meine Schülerinnen und Schüler sind alle zwischen 12 und 15 Jahre alt. Fast alle besitzen ein Smartphone und verwenden es im Alltag sowie im Unterricht für einfache und schnelle Rechercheaufgaben, wenn gerade kein Laptop zur Verfügung steht. Sie nutzen also digitale Geräte ganz selbstverständlich. Immer wieder stelle ich aber fest: Die Schülerinnen und Schüler sind zwar sehr versiert im Umgang mit dem Smartphone und können teilweise auch sehr gut im Internet recherchieren, stossen aber rasch an Grenzen bei Anwendungen, die für den Schulunterricht oder später im Beruf wichtig sind. Dazu gehören die klassischen Microsoft-Anwendungen wie Word, Excel oder PowerPoint und auch Outlook. Da möchte ich sie fördern, indem ich beispielsweise meinen WAH-Unterricht seit diesem Schuljahr vollständig auf das Office-Programm OneNote umgestellt habe. Dadurch können die Aufträge digital verteilt und von den Schülerinnen und Schülern bearbeitet werden. Auch für uns Lehrpersonen ist das von Vorteil, da wir den Arbeitsprozess verfolgen und auch ein Feedback hinterlassen können. Die heutigen Zweitklässlerinnen und -klässler der Sekundarschule haben seit der 5. Primarklasse ein Edubs-Book. Durch ihre Erfahrung mit dem Edubs-Book und ihrem Smartphone gewöhnen sich die Schülerinnen und Schüler intuitiv an die Geräte, sei es über den Pen, die Tastatur oder den Touch.»
Wie integrieren Sie «Medien und Informatik» heute in Ihren Unterricht?
«Seit ich unterrichte, wird der Themenbereich ‹Medien und Informatik› in meinen Unterrichtsfächern NT (Natur und Technik) und WAH (Wirtschaft, Arbeit, Haushalt) integriert. Dazu zwei Beispiele aus meinem Unterricht:
Im Fach NT, im Zusammenhang mit dem Thema ‹Funktionen im Körper›, suchen sich die Schülerinnen und Schüler in einer Gruppe ein Unterthema und produzieren dazu ein Stop-Motion-Lernvideo. Stop-Motion ist eine Filmtechnik, bei der einzelne unbewegte Motive aufgenommen und dann aneinandergereiht werden. Um zu erfahren, wie sie das Lernvideo produzieren können, müssen die Schülerinnen und Schüler nach einigen Inputs im Unterricht auch im Internet recherchieren. Die Schülerinnen und Schüler führen ein Projektjournal. Dort erfassen und reflektieren sie ihren Arbeitsprozess. Quellen müssen sie im Video angeben. So werden Plagiate vermieden. Das Video produzieren sie mithilfe von mehreren Apps.
Im Fach WAH, zum Thema ‹Wir laden ein›, müssen die Schülerinnen und Schüler in ihren Kochgruppen ein Menü planen, organisieren und kochen. Hierzu dürfen sie das Lehrmittel nutzen, um Rezepte herauszusuchen. Sie können auch im Internet Rezepte auswählen, wobei sie sich hier auf einige vorgegebene Links beschränken müssen. So sollen unseriöse Quellen ausgeschlossen und der Fokus auf realisierbare Rezepte gerichtet werden. Zudem haben sie die Möglichkeit, im Internet die Preise zu vergleichen. Das soll ihnen helfen, ein Budget einzuhalten. Mithilfe von Word oder Canva erstellen die Schülerinnen und Schüler ihre Planung, eine Einladungskarte, eine Einkaufsliste und eine Menükarte. Nach einem Feedback kochen und servieren sie dann ihr Menü.»
Weshalb soll «Medien und Informatik» ein eigenes Fach werden?
«Bislang wird bei uns das Fach ‹Medien und Informatik› immer als Teil eines anderen Fachs behandelt. Auch wenn ich in meinem Unterricht konsequent digitale Geräte einsetze: Der Fokus liegt immer auf den Fachbereichen Biologie, Chemie, Physik, Wirtschaft oder Arbeit, aber nicht auf ‹Medien und Informatik› selbst. Damit kann ich diesem wichtigen Fach bislang nur teilweise gerecht werden. Denn so steht meist die Anwendung im Zentrum. Die Basics kommen zu kurz. Wir haben zu wenig Zeit, um grundsätzliche Fragen und Kernthemen zu diskutieren: Was ist mein Medienverhalten? Was ist ein Algorithmus? Wie funktioniert eine Suchmaschine? Unsere Gesellschaft hat sich vor allem seit der Pandemie sehr rasch weiter digitalisiert. Dies hat unseren Alltag stark beeinflusst, sei es privat oder in der Berufswelt. Entsprechend müssen wir auch unsere Methodik und Unterrichtsplanung anpassen, damit unsere Schülerinnen und Schüler mit den Kompetenzen ausgerüstet sind, die sie benötigen, um den Alltag zu bewältigen.»
Aufgezeichnet von Gaudenz Wacker, Foto von Grischa Schwank
Zur Person |
Meishuang Vieceli (30) unterrichtet seit 2017 an der Sekundarschule Sandgruben, zurzeit die Fächer NT und WAH. Um ihr Fachwissen zu vertiefen und sich mit anderen Lehrpersonen auszutauschen, hat sie eine Weiterbildung in «Medien und Informatik» an der Pädagogischen Hochschule der FHNW absolviert. |
Änderung der Stundentafel |
Der Themenbereich «Medien und Informatik» wird in der Sekundarschule ab dem kommenden Schuljahr 2024/2025 zu einem eigenständigen Fach. Auf Antrag des Erziehungsdepartements hat der Erziehungsrat die Stundentafel entsprechend geändert. In den ersten beiden Sekundarschuljahren wird «Medien und Informatik» neu zum Pflichtfach mit einer Wochenlektion. Im dritten Sekundarschuljahr wird es als Freifach an allen Standorten angeboten. Zudem gibt es weitere Änderungen an der Stundentafel der Sekundarschule. So soll das Fach Mathematik im 1. Schuljahr mit einer zusätzlichen Wochenlektion gestärkt werden. Schülerinnen und Schüler sollen möglichst frühzeitig in Mathematik gefördert werden, da das Fach für ihre weitere Laufbahn elementar ist. Die Änderungen der Stundentafel waren im letzten Frühling in Konsultation. Die Stärkung des Themenbereichs «Medien und Informatik» wurde dabei von allen Seiten begrüsst. Die vorgeschlagene Reduktion der Anzahl Wochenlektionen im Textilen und im Technischen Gestalten hingegen wurde von Schulen und Lehrpersonen als nicht sinnvoll erachtet. Auf diese Änderung wird deshalb verzichtet. In der Konsultation hat das Erziehungsdepartement auch vorgeschlagen, dass Sek-Schülerinnen und -Schüler im A-Zug ab der 2. Klasse auf Französisch verzichten und stattdessen ihre Fähigkeiten in Mathematik und Deutsch verbessern können. Auch darauf wird vorläufig verzichtet. Die Volksschulleitung setzt eine Arbeitsgruppe zur vertieften Analyse insbesondere des A-Zugs ein. Mögliche Massnahmen zur künftigen Ausgestaltung des A-Zugs werden nach Abschluss dieser Arbeiten vorgeschlagen. Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler des A-Zugs künftig grössere Chancen auf adäquate Anschlusslösungen haben. |