Mister integrative Schule
«Mich hat schon immer der Mensch interessiert, und seine Entwicklung. Welche Faktoren beeinflussen diese? Jeder Mensch soll seinen Weg zu einem glücklichen Leben finden. Meine Motivation als Schulpsychologe ist, da einen kleinen Teil beizutragen.» Das sagte Basil Eckert im August 2018, damals noch Leiter des Schulpsychologischen Dienstes des Kantons Schwyz, in einem Interview mit der Luzerner Zeitung. Jetzt kann er im Kanton Basel-Stadt seinen Teil dazu beitragen: Seit Anfang Jahr leitet der 47-jährige Eckert den Schulpsychologischen Dienst (SPD) zusammen mit der bisherigen Leiterin Karin Keller. Im Zuge der steigenden Fallzahlen des SPD hat das Erziehungsdepartement die Leitung dieser wichtigen Abteilung mit rund vierzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verstärkt.
Urs Bucher nach Basel gefolgt
Mit seinem Wechsel nach Basel folgt Eckert seinem ehemaligen Chef Urs Bucher von der Inner- in die Nordwestschweiz. Bucher, zuvor Vorsteher des Amtes für Volksschulen und Sport im Kanton Schwyz, ist seit August 2020 Leiter des Bereichs Volksschulen in Basel-Stadt. Und er hat Eckert bereits einen wichtigen Auftrag erteilt: die Leitung des Projekts «Optimierung integrative Schule».
In Basel-Stadt gehen alle Kinder wenn immer möglich gemeinsam zur Schule seit die Sonderpädagogik- und Schulverordnung 2011 in Kraft getreten ist. Eckert soll nun mit Hilfe einer breit abgestützten Projektgruppe, der Vertreterinnen und Vertreter der Volksschulen, der Schulleitungen und der Kantonalen Schulkonferenz Basel-Stadt angehören, ein neues Konzept erarbeiten. Das Ziel: das sonderpädagogische Angebot an den Volksschulen zu verbessern und damit die integrative Schule weiter zu stärken.
Eckert freut sich auf diese «tolle Herausforderung». Der neue Co-Leiter des SPD hat aber auch Respekt davor: «Ich bin mir bewusst, dass es sich um eine anspruchsvolle Aufgabe handelt und dieses Thema die Schulen in Basel viele sehr bewegt», sagt er. Als «Neuling» in den basel-städtischen Volksschulen traue er sich aber aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen mit integrativen Schulmodellen in anderen Kantonen einen «unverbrauchten Aussenblick» zu: «Ich kann abschätzen, welche Massnahmen funktionieren könnten und wo es schwierig sein könnte», sagt er selbstbewusst. Eckert ist ein erfahrener Schulpsychologe: Vor seinem Abstecher in den Kanton Schwyz war er unter anderem schon in den Kantonen Basel-Landschaft und Solothurn als Schulpsychologe tätig. Nach dem Studium hat er zudem Aus- und Weiterbildungen zum Fachpsychologen FSP für Kinder- und Jugendpsychologie sowie im Bereich Personalführung und Public Management absolviert.
In Basel und Bern studiert
Kein Neuling ist Eckert dagegen in der Region Basel. Er ist hier aufgewachsen und hat in Basel und Bern studiert – Psychologie und Pädagogik mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendpsychologie. Auch während seinen rund fünf Jahren beim Schulpsychologischen Dienst im Kanton Schwyz war die Region Basel sein Lebensmittelpunkt. Seine Partnerin Eva Würfel, stellvertretende Leiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes im Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, lebt hier. Zusammen haben sie eine kleine Tochter und wohnen heute mit zwei weiteren Kindern aus der geschiedenen Ehe von Eva Würfel in Reinach. «Ich freue mich sehr, nun in meiner Heimat beruflich tätig zu sein und so auch näher bei meiner Familie zu sein», sagt Eckert. In den ersten Monaten habe er bereits etliche Leute kennengelernt, die sich mit viel Herzblut für die Volksschulen und die integrative Schule einsetzen würden. «In Basel hat die Bildung einen ausgesprochen hohen Stellenwert. Das ist toll und eine zusätzliche Motivation für meine Aufgabe.»
Co-Leitung ist Neuland
Mit der Co-Leitung beschreitet der SPD weitgehend Neuland. Ein solches Modell gibt es in der Schweiz bei den kantonalen Schulpsychologischen Diensten sonst einzig im Kanton Solothurn. Die Zuständigkeiten haben Eckert und Keller einerseits nach Schulstufen und andererseits nach Themen untereinander aufgeteilt. Eckert ist für die Sekundarstufen I und II verantwortlich, Keller für die Kindergärten und Primarschulen. Eckert kümmert sich zudem unter anderem um die Themen Diagnostik, Lernstörungen und Nachteilsausgleich, Keller unter anderem um Notfallpsychologie und Kindesschutz.
Der SPD ist immer stärker gefragt. Gemäss Eckert ist die Anzahl Fälle und damit auch die Arbeitslast seiner Abteilung in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen (siehe Kasten). Neben Themen im Zusammenhang mit der integrativen Schule beschäftigen die Mitarbeitenden des SPD aktuell vor allem auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Viele Kinder und Jugendliche seien deshalb vermehrt in schwierige Situationen geraten, sagt Eckert. Die Folgen: Angststörungen, Depressionen und Schulabsentismus. Dies sei eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten, sagt er. Nicht zuletzt auch aufgrund der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler. «In Basel hat es viele Kinder und Jugendliche aus eher bildungsfernen Familien. Gerade vor diesem Hintergrund ist es aber eine sehr spannende und sinnstiftende Aufgabe, mitzuhelfen, allen Kindern und Jugendlichen trotzdem ein möglichst gutes Lernen zu ermöglichen.»
Sänger im Theater Basel
Ausgleich zu seiner beruflichen Tätigkeit findet Eckert vor allem bei sportlichen und kulturellen Aktivitäten: Joggen, Wandern – und Singen. Früher habe er regelmässig im Extrachor des Theater Basel mitgewirkt, erzählt er begeistert. Dieser habe den Opernchor bei grösseren Aufführungen unterstützt: «Das waren immer ganz tolle Erlebnisse». In den kommenden Monaten dürfte der neue Co-Leiter des SPD allerdings etwas weniger Zeit haben für seine Hobbies. Neben der Familie steht für ihn die Weiterentwicklung und Verbesserung der integrativen Schule im Vordergrund. Valentin Kressler
SPD: Die Fälle sind stark angestiegen
vks. Der Schulpsychologische Dienst (SPD) ist eine öffentliche Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliche in Basel-Stadt sowie für deren Eltern und Erziehungsberechtigte. Der SPD steht auch Schülerinnen und Schülern der weiterführenden Schulen und den Lernenden in Berufslehren offen. Er bietet Hilfe bei Fragen und Problemen rund um die Schule. Von 2015 bis 2021 ist die Anzahl Fälle stark angestiegen – von 1389 auf 2129. Dies entspricht einer Zunahme von rund 50 Prozent. Gemäss dem neuen Co-Leiter Basil Eckert handelt es sich dabei um «teils sehr schwierige, komplexe Fälle». Besonders stark ist der Anstieg im Bereich sozialer und emotionaler Probleme sowie im Bereich Abklärungen des sonderpädagogischen Bildungsbedarfs. Häufig bestehen auch multiple Probleme.