Mittelschulen haben sich am Dreitageblock vernetzt
Wenn die Gesellschaft zunehmend digitalisiert wird, hat das Folgen für die Schule. Doch wie sehen diese aus? Diese Frage rückt an den Mittelschulen immer stärker in den Fokus, denn seit Beginn des neuen Schuljahrs bringen die meisten Klassen der Basler Gymnasien und der FMS ihre persönlichen Geräte mit in den Unterricht. Den Lehrpersonen stehen damit neue Möglichkeiten offen. Gleichzeitig stellen sich aber auch zentrale Fragen des Unterrichtens neu.
Antworten, wo eine Digitalisierung des Unterrichts Sinn macht und wo nicht, lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen aus dem Hut zaubern. Sie fallen je nach Fach, Thema oder Alter der Klasse unterschiedlich aus und können nur aus der Praxis heraus entwickelt werden. FMS-Rektorin Alexandra Guski, die gemeinsam mit Anna-Katharina Schmid, Rektorin des Gymnasium Bäumlihof, das Teilprojekt Pädagogik innerhalb der Digitalisierung der Mittelschulen leitet, rechnet deshalb mit einer Phase von mehreren Jahren, bis Lehrpersonen auf dieser Stufe ihren Unterricht unter digitalen Bedingungen routiniert gestalten können und die positiven Effekte desselben für das Lernen voll zum Tragen kommen.
Nicht alle müssen die gleichen Fehler machen
Eines ist aber sicher: Dieser Umstellungsprozess lässt sich merklich beschleunigen, wenn nicht alle zunächst die gleichen Fehler machen, sondern ganz nach dem Motto «Mehr try, weniger error» von den Erfahrungen anderer profitieren können. Dazu haben die beiden Projektleiterinnen zusammen mit Stephanie Lori vom PZ.BS für den Dreitageblock einen Weiterbildungstag organisiert. Dessen Programm baute bewusst auf dem auf, was an den Schulen punkto Digitalisierung bereits läuft. An der FMS etwa finden bereits regelmässig Weiterbildungen statt, in denen erfahrenere Lehrpersonen dem Kollegium Tipps weitergeben, was es beispielsweise bei Open-Book-Prüfungen am Computer speziell zu beachten gilt. Ähnliche Weiterbildungen mit internen und externen Referentinnen und Referenten werden auch an den Gymnasien bereits angeboten.
Innerhalb der einzelnen Fächer kann es aber auch nützlich sein, sich über die Schulhausgrenzen hinaus mit Fachkolleginnen und -kollegen auszutauschen. Diese sind ja mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert und auch das für viele wohl eine wichtige Erkenntnis aus dem Dreitageblock kochen letztlich auch nur mit Wasser. Bereits letzten Herbst wurde dazu für jedes Fach eine Online-Austauschplattform eingerichtet, die nun kontinuierlich ausgebaut werden soll. Parallel dazu wurde via die zentralen Fachschaften eine Vernetzungsgruppe gebildet, in der jedes Fach mit mindestens einer Person vertreten ist.
Diese Vernetzungsgruppe, die die Anliegen des jeweiligen Fachs sammelt und sie in die Weiterbildungsplanung des PZ.BS einbringt, hat auch die Good-Practice-Beispiele für jedes Fach gesammelt. Damit und mit Experten-Inputs, die von der Projektleitung in Form von kurzen Videos zur Verfügung gestellt wurden, haben deren Mitglieder dann ein Programm für jedes Fach auf die Beine gestellt. Wie dieses Konzept bei der Basis angekommen ist, erklären im Folgenden drei Lehrpersonen, die in den Fächern Chemie, Englisch und Geschichte den Tag mitorganisiert und online moderiert haben.
Peter Wittwer
«Es ist toll zu sehen, was andere machen»
«Mir ist der Tag, an dem wir Geschichtslehrpersonen uns über die einzelnen Schulen hinaus vernetzt haben, sehr positiv in Erinnerung. Das liegt sicher auch daran, dass wir uns in einer neunköpfigen Vorbereitungsgruppe bemüht haben, bei der Zusammenstellung des Programms möglichst viel Praxisbezug herzustellen. Die Good-Practice-Beispiele, die wir dazu ausgewählt haben, sind nach meiner Einschätzung bei den rund 45 Geschichtslehrpersonen, die dabei waren, gut angekommen. Es war toll zu sehen, was andere in ihrem Unterricht mit den digitalen Möglichkeiten bereits machen. Mich persönlich beeindruckt hat beispielsweise die Idee, mit einer Klasse eine Art Tagesschau zu einem Thema aus dem Geschichtsunterricht zu produzieren. Der Podcast zu Stalinismus, der dazu vorgestellt wurde, vermittelte eine gute Vorstellung, wie man so etwas zu einem anderen Thema auch ausprobieren könnte. Als Orientierungshilfe haben wir dazu alle Dokumente bis hin zu den Bewertungskriterien auf unsere Austauschplattform gestellt. Der Weiterbildungstag hat gezeigt, dass viel Potenzial vorhanden ist, wenn wir uns untereinander intensiver austauschen und die Lehrpersonen dadurch inspiriert werden, Neues auszuprobieren und Bestehendes weiterzuentwickeln.»
Nicolas Hunkeler, Geschichtslehrer Gymnasium am Münsterplatz
«Der Wissensunterschied hat sich etwas verkleinert»
«Auch wenn wir uns wegen Corona leider nicht persönlich treffen konnten, hat der Erfahrungsaustausch wohl den meisten der 33 Teilnehmenden einige Denkanstösse gebracht. Im Feedback, das wir am Schluss eingeholt haben, wurde der Tag mehrheitlich als positiv gelobt. Besonders gefreut hat mich, wie fantasievoll viele unsere Bitte umgesetzt haben, die positiven Aspekte der Digitalisierung in einer Art Gedicht zusammenzufassen. Die Aufgabe bestand dabei darin, zu jedem Buchstaben des Wortes DIGITAL ein passendes Adjektiv oder einen kurzen Satz zu finden. Da sind inhaltlich und formal ganz spannende Resultate (siehe Beispiele links und oben im Haupttext) herausgekommen. Unter dem Strich hat der Tag sicher dazu beigetragen, dass der Wissensunterschied zwischen Lehrpersonen, die bei der Digitalisierung mutig vorangehen, und den vielen anderen, die eher noch zögern, etwas kleiner geworden ist. Nach diesem gelungenen Auftakt werden wir nun versuchen, den fachlichen Austausch über unsere Online-Plattform beispielsweise durch das Anbieten von (virtuellen) English-Afternoon-Tea-Runden am Leben zu erhalten und weiter auszubauen.»
Doris Faes, Englischlehrerin am Gymnasium Leonhard
«Austausch von Perlen aus der Praxis»
«Bei uns im Fach Chemie haben wir bewusst nicht mit einem Input-Referat eines Experten angefangen, sondern sind am Morgen gleich mit der Vorstellung einiger erprobter «Perlen aus der Praxis» eingestiegen. Ich glaube, es hat über den Austausch zu Digitalisierungfragen hinaus gut getan, dass sich am Dreitageblock einmal praktisch alle Lehrpersonen, die an Basler Mittelschulen Chemie unterrichten, ein wenig besser kennenlernen und ihre Erfahrungen teilen konnten. Schade, dass das dieses Jahr nur via Teams möglich war. Der Chemieunterricht lebt natürlich ganz stark von der praktischen Erfahrung beim Experimentieren im Labor. In unserem Fach wird schon lange mit dem Computer gearbeitet. Unter dem, was an diesem Tag von einzelnen der rund 30 Teilnehmenden in kurzen Inputs für den digitalisierten Unterricht vorgestellt wurde, gibt es aber einige ganz neue, gelungene Beispiele, die von Lehrpersonen anderer Schulen mit wenig Aufwand für ihren Unterricht adaptiert werden können. Nachhaltige Wirkung verspreche ich mir auch von den Anregungen und den Diskussionen, die am Morgen in kleineren Worldcafé-Runden und am Nachmittag zu den konkreten Weiterbildungsbedürfnissen in unserem Fach geführt wurden.»
Marianne Hazenkamp, Chemielehrerin Gymnasium Kirschgarten