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Von Manuel zu Herrn Ballarino

17.09.2024
Manuel Ballarino ist Klassenlehrer an der Sekundarschule De Wette. Im Schulblatt erzählt er, wie er durch den Lehrberuf zurück zu den Jugendlichen fand und seine Karriere bei Bank und Versicherung hinter sich liess.
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Manuel Ballarino war Co-Autor des Italienisch-Lehrmittels «Tocca a te!», das in drei Bänden erschienen ist. Foto: Claudia Ribeiro Xavier

«Fast 18 Jahre lang habe ich in der Bank- und Versicherungsbranche gearbeitet und fragte mich manchmal am Abend: Was habe ich zu erzählen? Es ist einfach nicht spannend genug, auch wenn ich als Person einen gewissen Erfolg verzeichnen konnte. Als ich mich dann dazu entschieden hatte, Lehrer zu werden, und meine ersten Berufserfahrungen machte, fiel mir sofort auf, dass ich mich nie wiederhole und dass es so viele unterschiedlichen Themen im Alltag gibt. Als Lehrer habe ich mit Menschen zu tun, nicht mit Objekten oder Finanzen. Und das war der Grundstein für meinen Entscheid: jetzt oder nie!

Da ich keine gymnasiale Matur hatte, musste ich für die Pädagogische Hochschule diverse Eignungstests machen. Mein Studium dauerte sieben Jahre. Parallel dazu konnte ich weiter für die Versicherung arbeiten und bereits unterrichten. Zusätzlich wurde ich von einer Dozentin gefragt, ob ich mich als Co-Autor für ein neues italienisches Lehrmittel einbringen würde. Das habe ich dann gemacht. Es sind drei Bände erschienen, ich habe hauptsächlich an den ersten beiden mitgearbeitet. Und damit es nicht langweilig wird, habe ich auch eine Familie mit zwei Kindern gegründet.

Der Austausch mit den Menschen an der Schule ist das Schönste am Lehrberuf. Auch dass die Jugendlichen wirklich keine Berührungsängste haben, und dass ich Wissen weitergeben kann. Ich wusste schon immer, dass ich gerne mit Jugendlichen arbeite. Als Jugendgruppenleiter sammelte ich prägende Erfahrungen, das war neben der Schulzeit am Gymnasium und später an der Handelsmittelschule (HMS, heutige WMS). Ich hielt mich schon immer gerne in Gruppen auf, die völlig durchmischt sind, in denen der Hintergrund egal ist. Das hatte ich auf der Bank vermisst und zum Büroalltag zusätzlich als Jugendgruppenleiter zu arbeiten, war irgendwann einfach zu viel.

Schon als Schüler waren die Freundschaften und das gemeinsame Erlebnis für mich wichtig. Ich hatte nie Hemmungen, vor Publikum zu sprechen. Das habe ich jetzt als Lehrer auch nicht. Schon damals in meiner Primarschulzeit war ich so fasziniert von meiner eigenen Lehrperson, Herrn Schmidt, und ich erinnere mich an den ersten Schultag. Es war eindrücklich, weil Herr Schmidt mit seiner Handpuppe «Toto» zu uns geredet hat. Zu Hause habe ich dann mit meinem jüngeren Bruder «Schule» nachgespielt. Mit etwas mehr als drei Jahren konnte er dann lesen.

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Der Schulstart von Manuel Ballarino war besonders, da er der einzige nicht deutschsprachige Schüler in der Klasse war und bis zum Kindergarten kein Deutsch konnte. Foto: zVg

Mein Schulstart im Neubad war schon speziell, weil ich tatsächlich der einzige nicht deutschsprachige Schüler war in der Klasse. Bis zum Kindergarteneintritt konnte ich kein Deutsch. Meine Muttersprache ist Italienisch, daher musste ich am Samstag jeweils einen Deutschkurs besuchen. Das war eine Herausforderung und am Anfang in der Schule war ich sicher ruhig, ich war ja auch einer der jüngeren. Je älter ich wurde, desto wilder wurde ich aber auch. Prägende Erlebnisse in der Schulzeit gab es mehrere. Das erste Jahr im Gymnasium beispielsweise musste ich wiederholen. Das war ein Drama, da ich mich in einer Klasse neu einfinden musste. Im vierten Jahr habe ich dann das Gymnasium abgebrochen und jobbte in der Manor, bis die damalige HMS im August losging. Nachdem ich meinen Abschluss hatte, startete dann meine Arbeitskarriere bei der Bank.

Vor zehn Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich heute als Lehrer in einer Schule stehen würde. Und ich arbeite jetzt mehr als vorher. Man könnte nie aufhören, sich vorzubereiten. Das ist die grösste Herausforderung. Dagegen wirkt meine grosse Begeisterung an der Arbeit mit den Jugendlichen. Bei mir steht die Beziehungsebene im Vordergrund, denn Jugendliche brauchen in der Regel vor allem eines: Zuneigung.»

Aufgezeichnet von Claudia Ribeiro Xavier und Maren Stotz

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