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Von Tanya zu Frau Matur

12.02.2024
Tanya Matur unterrichtet an der Sekundarschule Vogesen. Im Schulblatt erzählt sie von ihrer eigenen Schulzeit und wieso der Lehrberuf für sie eine persönliche Errungenschaft ist
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Seit sechs Jahren arbeitet Tanya Matur an der Sek Vogesen und unterrichtet Englisch, Französisch, WAH und BO. Foto: Eileen Meyer

«Meine eigene Schulzeit begann mit einem prägenden Ereignis. Ich musste in der 1. Primarklasse ein Jahr lang in den DaZ-Unterricht. Ich habe zu Hause zwar kurdisch gesprochen, doch war ich der Ansicht, dass mein Deutsch gut ist. Ich dachte, dass meine Freunde und ich genau gleich gut Deutsch können und fragte mich immer, wieso ich gesondert in den DaZ-Unterricht musste. Heute denke ich anders darüber.

Das DaZ-Angebot ist wichtig und ich habe davon profitiert.

Jedoch konnte ich das damals nicht so einschätzen. Was mich ausserdem geprägt hat: Ich hatte in der Sek I eine wahnsinnig tolle Klassenlehrerin. Sie war als Lehrerin immer fair und hat alle gleichbehandelt. Zudem war ihr Unterricht stets spannend gestaltet. Als ich selber angefangen habe, als Lehrerin zu arbeiten, habe ich sie mir als Vorbild genommen. Ich versuche bis heute, meine Schülerinnen und Schüler wie sie gleichzubehandeln.

Mein eigener Weg zur Lehrerin war einfach – nur der Übergang nach der Sekundarschule war etwas schwierig.

Nach der obligatorischen Schulzeit, die ich in Binningen absolvierte, reichte mir der Schnitt für die FMS knapp nicht. Deshalb habe ich die DMS in Muttenz besucht. Nach zwei Jahren konnte ich von der DMS in die FMS in Oberwil wechseln und durfte direkt im zweiten Jahr einsteigen. Während der FMS habe ich ein Praktikum in einer Primarklasse gemacht. Dort wurde mir bewusst, dass mir der Beruf gefällt, ich aber nicht mit jüngeren Kindern arbeiten möchte. Da ich unbedingt auf der Sek-I-Stufe unterrichten wollte, absolvierte ich einen einjährigen Kurs an der pädagogischen Hochschule. Nach diesem Kurs begann ich mit dem Studium und nahm im dritten Studienjahr meine Stelle am Vogesenschulhaus an.

Die Hintergründe meines Berufswunschs sind familiär bedingt.

Mein Vater war ebenfalls Lehrer ­– das klingt erstmals wie ein Klischee, doch sind die Hintergründe eher untypisch. Meine Eltern kommen aus dem kurdischen Gebiet der Türkei. Als sie dort gewohnt haben, durfte mein Vater aus politischen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben. Als meine Eltern in die Schweiz kamen, konnte er auch nicht weiter unterrichten, da ihm die sprachlichen Kenntnisse fehlten. Dadurch entwickelte sich bei mir der Berufswunsch ‹Lehrerin›. Als ich im ersten Semester an der pädagogischen Hochschule mein erstes Praktikum in einer Schule absolvierte, wurde mir noch klarer, dass ich diesen Beruf wirklich machen will. Bis dahin war es einfach mein Berufswunsch, ohne konkrete, reale Erfahrungen. Auch während meiner Ausbildung waren meine Eltern eine Motivation für mich. Als sie in die Schweiz kamen, hatten sie die Hoffnung, dass ihre Kinder hier etwas erreichen würden

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Tanya Matur (r.) an ihrer ersten Schulfasnacht im selbst gebastelten Ueli-Kostüm.

Ich wollte meine Eltern stolz machen.

Zudem war es für mich selber wichtig, dass ich in meinem Leben etwas erreichen würde. Mit einer anderen Herkunft und Sprache zu Hause spürte ich einen Unterschied zu den Kindern ohne Migrationshintergrund. Ich hatte das Gefühl, nicht in allen Bereichen gleich gut zu sein. Das stimmte natürlich nicht, aber dieses Gefühl brachte mich dazu, umso mehr erreichen zu wollen. Am Ende ist mein Beruf als Lehrerin eine Errungenschaft für mich: Ich habe erreicht, was ich mir vorgenommen habe. Natürlich ist die Motivation während der Ausbildung das eine.

Einmal im Berufsalltag angekommen, braucht es weiterhin Motivation.

Diese bekomme ich von den Schülerinnen und Schülern. Zudem habe ich den Eindruck, dass Kinder, die wie ich einen Migrationshintergrund haben, durch mich Motivation finden. Durch meine Herkunft habe ich zu manchen Schülerinnen und Schülern einen sehr guten Draht. Der gleiche kulturelle Hintergrund hilft ihnen, sich mir anzuvertrauen.

Und wenn ich sagen würde, dass mich die vielen Ferien nicht zusätzlich motivieren, wäre das eine Lüge. (lacht)

Wobei ich finde, dass Lehrpersonen diese auch brauchen. Ich könnte die tägliche Geduld und das Engagement nicht gleich aufbringen. Ich bekomme aber auch viel zurück – sei es in Form von Dankbarkeit oder wenn es mir gelingt, ein Kind zu motivieren. Im dritten Jahr befinden sich die Schülerinnen und Schüler im Berufsorientierungsprozess.

Ich mache diesen ganzen Prozess mit ihnen mit und wenn sie eine Lehrstelle finden, bin ich genauso glücklich wie sie.

Alles in allem ist es einfach schön, eine Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern aufzubauen. Im ersten Jahr ist es ein Herantasten, im zweiten Jahr herrscht eine wilde Stimmung und im dritten Jahr sitzt alles, sie kennen dich und du kennst sie. Es fällt mir dann oft schwer, sie gehen zu lassen, nachdem wir zusammen viel erlebt und erreicht haben.»

Aufgezeichnet von Eileen Meyer

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